Peking – Die Weltwirtschaftskrise trifft China immer härter. Der Aussenhandel der zweitgrössten Wirtschaftsnation wuchs zum Jahresende so langsam wie seit zwei Jahren nicht mehr. Über die wirtschaftlichen Unsicherheiten weltweit beriet US-Finanzminister Timothy Geithner am Dienstag bei einem Besuch in Peking. Nach US-Angaben wollte Geithner ferner für neue Finanzsanktionen im Atomstreit gegen den Iran werben, die Peking aber ablehnt. Auch die Klagen der USA über eine Unterbewertung der chinesischen Währung, die Chinas Exporte künstlich verbilligt, dürften zur Sprache kommen.
Allerdings schrumpfte der chinesische Handelsüberschuss im abgelaufenen Jahr weiter um 14,5 Prozent auf 155 Milliarden US-Dollar, wie die Zollverwaltung in Peking berichtete. Dadurch könnte der Druck etwas nachlassen, den Yuan schneller aufzuwerten. Der chinesische Aussenhandel nahm 2011 um 22,5 Prozent auf 3,64 Billionen US-Dollar zu. Durch die Krise wurde das Exportwachstum im Dezember auf 13,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum abgebremst. Die Importe stiegen um 11,8 Prozent.
EU bleibt grösster Handelspartner
Die Europäische Union blieb der grösste Handelspartner Chinas. Der Zuwachs betrug 18,3 Prozent auf 567 Milliarden US-Dollar. Der Handel mit den USA stieg um 15,9 Prozent auf 446 Milliarden US-Dollar. Nach Gesprächen am Dienstag mit Vizepremier Wang Qishan sollte Geithner am Mittwoch von Vizepräsident Xi Jinping empfangen werden. Auch Regierungschef Wen Jiabao wird Geithner treffen.
Geithner stösst auf Widerstand
Chinesische Experten erwarteten keinen Durchbruch in bilateralen Handelsfragen und beim Wunsch der USA nach grösserem Druck auf den Iran. «Die Möglichkeiten für konkrete Fortschritte sind gering», zitierte die «China Daily» den Experten Niu Xinchun von einer Denkfabrik der Regierung. China lehnt neue Sanktionen gegen den Iran ab und befürwortet vielmehr eine Wiederaufnahme des Dialogs über dessen Atomprogramm. Geithner wollte Massnahmen gegen Irans Zentralbank diskutieren, die die Einnahmen aus Ölexporten verwaltet.
Chinas Führung wolle mit Geithner vor allem über die «grossen Herausforderungen» durch die Weltwirtschaftskrise diskutieren, sagte ein Sprecher. Die Unsicherheiten und der Rückgang des Aussenhandels werden das Wirtschaftswachstum in China in diesem Jahr auf 8,3 Prozent drücken, schätzt die Deutsche Bank. Im ersten Quartal könnte das Wachstum nur noch zwischen sechs bis sieben Prozent liegen, bevor sich die Wirtschaft wieder erholt.
Forscher gehen nur noch von einstelligem Wachstum aus
Der Anstieg der Ausfuhren dürfte sich weiter verlangsamen. Der Forscher Zhou Shijian von der Qinghua-Universität in Peking geht laut Nachrichtenagentur Xinhua vorerst nur noch von einem einstelligen Wachstum aus. Im vergangenen Jahr wuchsen die Ausfuhren um 20,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf 1,9 Billionen US-Dollar. Die Importe stiegen um 24,9 Prozent auf 1,74 Billionen US-Dollar. Im Vorjahr hatte das Wachstum noch bei 31 beziehungsweise 38 Prozent gelegen. (awp/mc/pg)