Peking – Chinas Konjunkturmotor kommt offenbar wieder stärker auf Touren: Die Stimmung in der Industrie der zweitgrössten Volkswirtschaft der Welt hat sich im Juli überraschend stark verbessert. Der von der britischen Grossbank HSBC ermittelte Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe kletterte auf 52,0 (Juni: 50,7) Punkte, wie HSBC am Donnerstag in Peking mitteilte. Dies ist der höchste Wert seit Januar 2013. Volkswirte hatten zwar mit einem Anstieg des Indikators gerechnet – aber nicht in dieser Höhe.
Der Stimmungsindikator liegt damit zum zweiten Mal hintereinander über der sogenannten Expansionsschwelle. Bei Werten von mehr als 50 Punkten ist von einer Zunahme der wirtschaftlichen Aktivitäten auszugehen. Experten sprechen in Kommentaren überwiegend von einem guten Start in das zweite Quartal. «Das verarbeitende Gewerbe dürfte seine Schwächephase nun überwunden haben», sagte Experte Dirk Gojny von der National-Bank.
Expertin: Konjunktur gewinnt an Fahrt
Die für China zuständige Ökonomin Grace Ng von JPMorgan rechnet mit einer «ziemlich deutlichen» konjunkturellen Erholung im zweiten Quartal, die sich zudem in der zweiten Jahreshälfte fortsetzen dürfte. Nach Einschätzung der Expertin werde der Aufschwung der chinesischen Wirtschaft sowohl von den Exporten als auch von der Binnennachfrage getragen.
Analyst Frederik Kunze von der NordLB kritisierte allerdings, dass der Aufschwung in China nicht ohne staatliche Hilfe läuft. «Die politische Führung in Peking wäre gut beraten, die konjunkturstützenden Massnahmen zurückzufahren, beziehungsweise nicht weiter auszubauen», so der Experte. Im weiteren Verlauf des Jahres werde sich zeigen müssen, ob die Konjunktur auch ohne Hilfen das Tempo halten kann.
Strukturelle Probleme
Kritisch äusserte sich auch der Chefvolkswirt der VP Bank aus Liechtenstein, Thomas Gitzel: «Der aktuelle moderate Aufschwung sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die chinesische Wirtschaft mit strukturellen Problemen zu kämpfen hat.»
China gilt als Wachstumslokomotive der Weltwirtschaft. Die Daten zur Stimmung der Einkaufsmanager werden daher an den Finanzmärkten stark beachtet. Am Morgen konnte die Börse in China nach Veröffentlichung der Daten deutlich zulegen. Der CSI-300-Index, der die 300 grössten Unternehmen vom chinesischen Festland mit einer Notierung in Shanghai oder Shenzhen umfasst, schloss mit einem Plus von 1,78 Prozent auf 2237,01 Punkte.
Für den Einkaufsmanagerindex hatte HSBC eine Umfrage unter mehr als 420 chinesischen Unternehmen durchgeführt. Der offizielle chinesische Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe des Statistikamtes und Logistikverbandes wird am 1. August veröffentlicht. (awp/mc/upd/ps)