Peking – Die Gefahr einer «harten Landung» der chinesischen Wirtschaft scheint gebannt: Trotz der Bremsmanöver zum Kampf gegen die hohe Inflation in China verlangsamte sich das Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal weniger als erwartet. Nach 9,7 Prozent im ersten Quartal des Jahres ging das Wachstum nur auf 9,5 Prozent zurück, wie das Statistikamt am Mittwoch in Peking berichtete.
Experten rechnen mit weiteren Zinserhöhungen, um die hohe Inflation zu drosseln. Die Regierung werde ihre straffe Geldpolitik fortsetzen, sagten Fachleute voraus. Die Inflation hatte im Juni mit 6,4 Prozent den höchsten Stand seit drei Jahren erreicht – im ersten Halbjahr 5,4 Prozent. «Das Risiko eines starken Abschwungs ist gering», wies der Sprecher des Statistikamtes, Sheng Laiyuan, Sorgen über die Gefahr einer möglichen «harten Landung» in China zurück. Die Entwicklung sei «allgemein gut», versicherte der Sprecher.
Konjunkturdaten beflügeln Börsen in China, Hongkong und Japan
Ein drastischer Rückgang des Wachstums in der zweitgrössten Wirtschaftsnation hätte auch weitreichende Folgen für die Weltkonjunktur – gerade angesichts der Krise in einigen Euroländern und der schwächelnden US-Wirtschaft. So beflügelten die Konjunkturdaten die Börsen in China, Hongkong und Japan. Für die erste Jahreshälfte ergab sich insgesamt ein Wachstum von 9,6 Prozent – etwas höher als die Erwartungen von Experten. «Die Wirtschaftsentwicklung schaltet von der bisher überhitzten Expansion angefacht durch das Konjunkturprogramm zu einem selbstinitiierten Wachstum um», sagte der Sprecher des Statistikamtes.
Bremsmanöver aus Angst vor Überhitzung
Im vergangenen Jahr war die Wirtschaft noch um 10,3 Prozent gewachsen. Aus Angst vor einer Überhitzung tritt die Zentralbank seither aber auf die Bremse. Seit Oktober wurden fünfmal die Leitzinsen erhöht und neunmal die Kapitalanforderungen für die Mindestreserven der Banken. Als Zeichen für starke heimische Nachfrage wuchs der Absatz von Konsumgütern seit Jahresanfang um 16,8 Prozent. Nach dem Ende von Steuervergünstigungen fiel allerdings der Zuwachs bei den Autoverkäufen um 22 Punkte auf 15 Prozent. Stärker als von Experten erwartet legte die Industrieproduktion um 15 Prozent zu. Die Anlageinvestitionen wuchsen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 25,6 Prozent – besonders im Immobiliensektor mit 32,9 Prozent.
Spielraum für weitere Zinserhöhungen?
Da der Inflationsdruck anhält und die Wirtschaft unverändert robust wächst, sehen Experten neuen Spielraum für weitere Zinserhöhungen. «Wir glauben, dass es in der zweiten Jahreshälfte keine Lockerung der Geldpolitik geben wird und eine weitere Zinserhöhung in den kommenden Monaten wahrscheinlich ist», sagte Peng Wengsheng vom Investmenthaus China International Capital Corporation (CICC) laut amtlicher Nachrichtenagentur Xinhua. (awp/mc/upd/ss)