Peking – Chinas Wirtschaft ist im ersten Quartal dieses Jahres nur noch um 7,4 Prozent gewachsen. Dies ist das langsamste Wachstum seit 18 Monaten und liegt unter dem selbst gesteckten Ziel von 7,5 Prozent für dieses Jahr. Die Erwartungen von Analysten waren mit 7,3 Prozent allerdings noch schlechter, so dass die Reaktionen eher positiv ausfielen. Das Statistikamt sprach am Mittwoch in Peking davon, dass sich die Wirtschaft «insgesamt stabil» entwickle. Auch Analysten sahen zumindest im März leichte Verbesserungen.
Sollte es allerdings in diesem Jahr bei dem Tempo bleiben, wäre es das langsamste Wachstum der heute zweitgrössten Volkswirtschaft seit 24 Jahren. In den vergangenen zwei Jahren hatte die Wirtschaftsleistung noch um jeweils 7,7 Prozent zugelegt. Ein langsameres Wachstum in China beeinträchtigt auch die globale Konjunktur und die Exporte deutscher Unternehmen ins Reich der Mitte. So fiel der chinesische Aussenhandel im ersten Quartal um ein Prozent.
Industrieproduktion wächst etwas stärker
Vor allem geringere Aktivitäten im Export und Immobiliensektor drückten das Wachstum, wie Chefökonom Louis Kuijs von der Royal Bank of Scotland (RBS) sagte. Das Wachstum im Dienstleistungsbereich sei aber besser als in der Industrie. «Die Wachstumsrisiken bleiben, und die Dynamik der Wachstumspolitik dürfte die Märkte in den nächsten Monaten nervös halten», sagte Kuijs.
Im März habe die Industrieproduktion um 8,7 Prozent im Jahresvergleich zugelegt, teilte das nationale Statistikbüro weiter mit. Damit lag die Produktion zwar etwas höher als im Vormonat. Im Februar hatte sie aber mit einem Plus von 8,6 Prozent das schwächste Wachstum seit August 2009 gezeigt. Volkswirte hatte bei der Industrieproduktion im März mit einem etwas stärken Anstieg um 8,8 Prozent zum Vorjahr gerechnet.
Starkes Wachstum im Einzelhandel
Die heimische Nachfrage entwickelte sich aber nicht schlecht. Der Einzelhandel legte im ersten Quartal um zwölf Prozent zu. Nach Abzug der Inflation waren es immer noch 10,8 Prozent, wie das Statistikamt berichtete. Der überhitzte Immobilienmarkt kühlte sich etwas ab. Die Wohnungs- und Hausverkäufe nahmen im ersten Quartal um 5,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ab. Investitionen in Immobilien stiegen nur noch um 16,8 Prozent und damit 2,5 Punkte weniger.
Nach vielen Jahren zweistelligen Wachstums strebt die chinesische Regierung eine nachhaltigere Entwicklung und Umstrukturierung der Wirtschaft an. Dafür sollen auch niedrigere Wachstumsraten als bisher in Kauf genommen werden, solange genug Arbeitsplätze geschaffen werden können. Eine grosse Gefahr sind aber faule Kredite und mögliche Pleiten in dem ausufernden Schattenbankenwesen.
Regierung schliesst Konjunkturprogramme aus
Regierungschef Li Keqiang hatte vor einer Woche vorübergehende Konjunkturprogramme als Reaktion auf kurzfristige Fluktuationen ausgeschlossen. Allerdings war erst Anfang April ein Mini-Stimulus mit Steuerermässigungen und Investitionen in Eisenbahn und sozialen Wohnungsbau auf den Weg gebracht worden. (awp/mc/upd/ps)