Chinesen greifen nach Thomas Cook

Peter Fankhauser

Thomas Cook-Chef Peter Fankhauser. (Foto: Thomas Cook)

London – Der angeschlagene Touristikkonzern Thomas Cook steht vor einer mehrheitlichen Übernahme durch den chinesischen Mischkonzern Fosun. Man befinde sich in fortgeschrittenen Gesprächen mit der Gruppe und den beteiligten Banken über eine Kapitalspritze von 750 Millionen britischen Pfund (rund 834 Millionen Euro), teilte Thomas Cook mit.

Die Fosun-Gruppe hält bereits 18 Prozent an dem Reisekonzern und würde im Gegenzug zu Kapitalspritze und Schuldenabbau die Mehrheit an der Reisesparte der Briten erlangen. Bei der zuvor abgespaltenen Airline-Gruppe inklusive der deutschen Teilgesellschaft Condor würde Fosun eine signifikante Minderheit übernehmen, um nicht die europäischen Flugrechte zu verlieren.

Condor-Verkauf auf Eis
Bis zu einer Entscheidung über die Rekapitalisierung werden die im Februar verkündeten Verkaufspläne für die Airline-Sparte ausgesetzt, teilte das Unternehmen weiter mit. Zuvor hatte die Lufthansa bereits signalisiert, ihre Übernahmepläne für Condor nicht mehr weiter zu verfolgen.

Von rund 9000 Beschäftigten der drei Thomas-Cook-Airlines arbeiten etwa 4000 bei der deutschen Gesellschaft Condor mit Hauptsitz in Frankfurt. Die Fluggesellschaften haben zusammen gut 100 Flugzeuge in Deutschland, Grossbritannien und Skandinavien stationiert und arbeiten seit Jahren im Konzern vergleichsweise eigenständig und profitabel. Den angestrebten Schuldenschnitt und die geplante Selbstständigkeit mit engen Geschäftsbeziehungen zum Veranstalter würde man als «Befreiungsschlag» empfinden, hiess es in Airline-Kreisen.

750 Mio Pfund sollen über den Winter helfen
Das frische Geld soll Thomas Cook ausreichenden Spielraum für das Winterhalbjahr 2019/2020 liefern und Investitionen in das Geschäft ermöglichen. Mit den rund 750 Millionen Pfund sollen auch die Schulden der Briten signifikant sinken. Ein Teil der Verbindlichkeiten soll dabei den Plänen zufolge auch in Eigenkapital gewandelt werden, was die Anteile der übrigen Aktionäre deutlich verwässern würde. Der Kurs der Aktie brach daher am Freitag um fast die Hälfte ein.

Peter Fankhauser, der Schweizer Chef von Thomas Cook, bezeichnete den geplanten Deal zu Lasten der übrigen Anteilseigner als «pragmatische und verantwortliche Lösung», um die Zukunft von Thomas Cook zu sichern. Es seien grundsätzlich gute Nachrichten für die Beschäftigten, die Kunden und die Zulieferer des Unternehmens.

Börsen-Rückzug offen
Fankhauser liess offen, ob Thomas Cook nach Abschluss von der Börse genommen wird. Inklusive der notwendigen Genehmigungen rechne er mit einem Abschluss des Geschäfts bis Jahresende. Mit der Finanzspritze würde man auf einer ganz neuen Kapitalgrundlage stehen, erklärte der Thomas-Cook-Chef. Wegen der hohen Schulden habe man seit 2012 rund 1,2 Milliarden Pfund an Zinsen und Kreditkosten zahlen müssen. Jedes Jahr habe man rund 3 Millionen Reisen verkaufen müssen, um allein die Zinslast zu begleichen.

Erneut berichtete Thomas Cook über einen schwachen Geschäftsverlauf, der unter anderem durch die Brexit-Unsicherheiten begründet ist. Im laufenden Sommergeschäft liegen die Reisebuchungen 9 Prozent unter dem Vorjahreszeitraum, während die Airlines 3 Prozent weniger Geschäft machen. Das zweite Halbjahr werde deutlich schwächer als 2018, erklärte Fankhauser erneut. Seine erste Pauschalreise hatte der Baptistenprediger Thomas Cook im Juli 1841 organisiert, um rund 500 Reisende per Bahn vom britischen Leicester zu einem Treffen nach Loughborough zu bringen. (awp/mc/pg)

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