Cinque Stelle und Lega nominieren Conte als neuen Regierungschef

Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte.

Rom – Italien soll nach dem Willen der rechtspopulistischen Lega und der Fünf-Sterne-Bewegung von einem Politik-Neuling regiert werden. Die europakritischen Parteien schlugen Staatspräsident Sergio Mattarella am Montag den Juristen und Universitätsprofessor Giuseppe Conte als Ministerpräsidenten an der Spitze ihrer Koalition vor. Sorgen bereitet in Italien und bei den europäischen Nachbarn vor allem die geplante Abkehr vom Sparkurs. Der Staatschef muss abwägen, ob die Risiken überschaubar sind und er den Regierungsauftrag erteilt. Wann Mattarella entscheidet, war zunächst unklar. Er hält am Dienstag Rücksprache mit den Präsidenten der Parlamentskammern.

Dass die Koalition ein absolutes Novum für Italien wäre, machten Sterne-Chef Luigi Di Maio und Lega-Anführer Matteo Salvini am Montag erneut deutlich. In offiziellen Statements vor den Medien im Präsidentenpalast in Rom verrieten sie nicht, worauf alle warteten – stattdessen enthüllten die Fünf Sterne den Namen Conte im Netz. Der 53-Jährige könne «das Regierungsprogramm voranbringen», schrieb Di Maio auf dem Blog der Bewegung. «Giuseppe Conte wird ein politischer Ministerpräsident einer politischen Regierung sein.»

Dabei hatte der Akademiker aus Süditalien mit Politik bislang wenig am Hut. Er gehört zwar zum Kreis der Fünf Sterne, die er vor der Wahl im März ein «wunderbares, unglaubliches, politisches Labor» nannte. Im Parlament sitzt er aber nicht. Der Privatrechtler lehrt als Professor in Florenz und Rom. Di Maio hatte ihn als Minister für Öffentliche Verwaltung und Bürokratieabbau in sein Schattenkabinett berufen.

Sorgenfalten in Europa
Der Schulterschluss zwischen den Populisten sorgt für Unruhe in Deutschland und anderswo in der EU. Am Montag hatte die Sorge vor der eurokritischen Regierung die Gemeinschaftswährung auf Talfahrt geschickt. Ob Conte für Besänftigung sorgen könnte, ist fraglich. Ihm fehlt die politische Erfahrung, andererseits gilt er nicht als Scharfmacher wie etwa Lega-Chef Salvini.

Auf Warnungen vor einer Abkehr vom Sparkurs aus Deutschland und Frankreich reagierten die Sterne und die Lega empfindlich. «Lasst uns erst anfangen, dann könnt ihr uns kritisieren (…), aber lasst uns wenigstens erst anfangen», forderte Di Maio. Salvini sagte: «Niemand hat nichts zu fürchten. Im Gegenteil. Natürlich wollen wir eine Regierung, (…) die das nationale Interesse Italiens ins Zentrum stellt, die (aber) alles und alle respektiert.»

Doch mit den Sternen und der Lega an der Regierung dürfte einiges anders werden – Europa muss sich nicht nur auf schärfere Rhetorik einstellen. Vor allem Salvini scheut die Konfrontation mit Brüssel nicht. «Wir werden das Gegenteil von dem machen, was die früheren Regierungen getan haben», sagte er am Wochenende.

Explosive Versprechen
Angesichts der horrenden Staatsverschuldung haben die Lega und die Sterne explosive Versprechen im Gepäck: Steuersenkungen, Mindesteinkommen, Absenkung des Rentenalters. «Neu diskutieren» wollen sie auch die europäischen Verträge in Sachen Staatsverschuldung und Haushaltsdefizit. Immerhin sind Szenarien eines Euro-Ausstiegs und vom Schuldenerlass nicht mehr Teil des endgültigen Koalitionsvertrags.

Doch sollte eine neue Regierung die europäischen Sparvorgaben in den Wind schreiben, könnte das gravierende Folgen haben. Jährlich ist eine Neuverschuldung von maximal drei Prozent der Wirtschaftsleistung erlaubt. Läuft die Verschuldung aus dem Ruder, würde das Vertrauen der Investoren schwinden. Auswirkungen wären europaweit zu spüren.

Der Euro-Rettungsschirm ESM, der in der Vergangenheit massgeblich europäische Rettungsprogramme schulterte, wäre sehr wahrscheinlich überfordert. Der CSU-Europapolitiker Manfred Weber appellierte an die künftigen Regierungspartner, die Debatte über den Euro und seine Regeln sofort zu stoppen. «Das ist ein Spiel mit dem Feuer, weil Italien hoch verschuldet ist», sagte der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei der Deutschen Presse-Agentur. «Irrationale oder populistische Aktionen könnten eine neue Euro-Krise hervorrufen.»

Salvini versprach den Italienern unterdessen Wirtschaftswachstum, Würde und Stolz, die das Land durch die Regierung wiedererhalte. «Ich bin nicht Superman», sagte er auf Facebook in einer Videobotschaft. Aber in der Vergangenheit habe es zu viele «Si-Signori», Ja-Sager, gegeben. «Ich habe keine Angst vor nichts und niemandem.» (awp/mc/ps)

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