Corona-Krise reisst Airbus in die roten Zahlen
Toulouse – Die Corona-Krise und Sonderabschreibungen haben den Luftfahrt- und Rüstungskonzern Airbus im ersten Quartal in die roten Zahlen gerissen. Unter dem Strich stand ein Verlust von 481 Millionen Euro nach einem Gewinn von 40 Millionen ein Jahr zuvor, wie das Unternehmen am Mittwoch in Toulouse mitteilte. Der Einbruch im laufenden Geschäft fiel zwar nicht ganz so heftig aus wie von Analysten erwartet. Doch für eine neue Prognose ist die Lage nach Ansicht von Airbus-Chef Guillaume Faury noch viel zu unsicher.
Da Fluggesellschaften in aller Welt wegen der Reisebeschränkungen infolge der Coronavirus-Pandemie ums Überleben ringen, fürchten Anleger auch um die Bestellungen in den Auftragsbüchern der Flugzeughersteller. Am frühen Nachmittag will auch Airbus-Rivale Boeing seine Quartalszahlen vorlegen.
Grosse Unsicherheit
Branchenexperte David Perry von der US-Bank JPMorgan fand die Airbus-Quartalszahlen zwar besser als erwartet. Vor allem habe der Konzern weniger Barmittel verbrannt als befürchtet. Dass das Management weiterhin keine Jahresprognose abgebe, unterstreiche jedoch die aktuelle Unsicherheit.
Umsatz um 15% eingebrochen
Bei Airbus machten sich Auswirkungen der Pandemie im ersten Quartal bereits deutlich in den Zahlen bemerkbar. Der Umsatz sank wegen Unterbrechungen bei der Flugzeug-Auslieferung um 15 Prozent auf 10,6 Milliarden Euro. Der um Sonderposten bereinigte operative Gewinn (bereinigtes Ebit) sackte um knapp die Hälfte auf 281 Millionen Euro nach unten.
Analysten hatten im laufenden Geschäft mit einem noch stärkeren Einbruch gerechnet, aber unter dem Strich einen Gewinn erwartet. Allerdings schlugen neben den Pandemie-Folgen samt der unterbrochenen Produktion in Frankreich und Spanien weitere Posten negativ zu Buche, etwa Finanzinstrumente im Zusammenhang mit dem Luftfahrtkonzern Dassault Aviation. Ausserdem musste Airbus einen Kredit für das Internet-für-alle-Projekt Oneweb auf Null abschreiben. OneWeb hatte Ende März in den USA Gläubigerschutz angemeldet.
Kreditlinie, Anleihe und gestrichene Dividende
«Wir befinden uns mitten in der schwersten Krise, die die Luftfahrtbranche jemals erlebt hat», sagte Faury in einer Telefonkonferenz. Man müsse nun gemeinsam daran arbeiten, das Vertrauen der Passagiere in Flugreisen wiederherzustellen. Airbus hat sich bereits eine Kreditlinie über 15 Milliarden Euro gesichert, eine Anleihe über 2,5 Milliarden Euro ausgegeben und die Dividende gestrichen, um sich finanziell für die Krise zu rüsten.
Flüssige Mittel von 30 Mrd Euro
Laut Finanzchef Dominik Asam verfügte Airbus Anfang April über flüssige Mittel in Höhe von rund 30 Milliarden Euro. Im laufenden zweiten Quartal werde wegen der schwierigen Lage einiges Geld abfliessen. Im dritten Quartal solle der Mittelabfluss aber enden.
Das Unternehmen fährt seine Flugzeugproduktion derzeit um rund ein Drittel zurück, da viele Airlines bestellte Maschinen wegen des Einbruchs im Passagierverkehr erst später abnehmen wollen. Zudem fehlt vielen derzeit das Geld, um neue Flugzeuge zu bezahlen. Bis Ende März habe noch keine Airline wegen der Pandemie eine Bestellung bei Airbus storniert, erklärte Faury. Ob es im April Abbestellungen gab, wollte er noch nicht sagen.
60 fertige Maschinen wegen Pandemie nicht ausgeliefert
Im ersten Quartal lieferte Airbus 122 Verkehrsflugzeuge aus, 40 weniger als ein Jahr zuvor. Rund 60 fertige Maschinen hätten wegen der Einschränkungen infolge der Coronavirus-Pandemie nicht ausgeliefert werden können, berichtete das Management. Ursprünglich hatte Airbus in diesem Jahr rund 880 Jets an seine Kunden übergeben wollen. Dieses Ziel sowie seine Umsatz- und Gewinnpläne hatte Faury jedoch bereits im März gestrichen. Der Auftragsbestand lag Ende März bei 7650 Verkehrsflugzeugen – es ist aber unklar, wie viele Bestellungen infolge der zu erwartenden Airline-Pleiten in der Krise wegfallen.
Die bisher beschlossenen Produktionskürzungen sollen Faury zufolge zunächst für zwei bis drei Monate gelten. Weiteres werde Airbus voraussichtlich im Juni entscheiden, wenn die Gespräche mit den Airlines ein genaueres Bild ergeben haben. «Wir besprechen die Verschiebungen Flugzeug für Flugzeug, Kunden für Kunden.» Ob es dann um weitere Produktionskürzungen oder eine Erhöhung der Produktionszahlen gehen wird, sei noch offen. «Wir können noch nicht sagen, in welche Richtung das dann geht», sagte Faury.
Der Franzose hatte die Beschäftigten zuvor schriftlich auf harte Zeiten eingestimmt. In Frankreich seien rund 3000 Mitarbeiter in Kurzarbeit, sagte Faury nun. Mit Blick auf Deutschland fügte er hinzu: «Einige tausend Menschen werden bald in Kurzarbeit sein.» Einzelheiten und Standorte blieben dabei offen. (awp/mc/pg)