Toulouse – Die Corona-Pandemie und der geplante Abbau tausender Jobs haben den Flugzeugbauer Airbus im Sommer tief in die roten Zahlen gerissen. Doch Airbus-Chef Guillaume Faury sieht in der wohl bisher schwersten Krise der Luftfahrtbranche Grund zur Hoffnung. Im dritten Quartal lieferte der Konzern wieder mehr Flugzeuge aus als in den ersten Monaten der Pandemie. Zudem konnte das Management den Geldabfluss im laufenden Geschäft stoppen, wie der Konzern am Donnerstag in Toulouse mitteilte. Faury hält es sogar für denkbar, die wegen der Krise gedrosselte Flugzeugproduktion im nächsten Sommer wieder ein Stück hochzufahren. Doch sicher ist das nicht.
An der Börse wurden die Nachrichten positiv aufgenommen. Der Kurs der Airbus-Aktie legte zum Handelsstart um 1,73 Prozent auf 62,74 Euro zu und gehörte damit zu den stärksten Werten im MDax und im französischen Leitindex Cac 40 . Allerdings hatte sie mit dem allgemeinen coronabedingten Kursrutsch an den Märkten am Tag zuvor noch stärker verloren. Seit dem Jahreswechsel hat das Papier rund die Hälfte an Wert eingebüsst.
Die Corona-Krise hat die Luftfahrt so schwer getroffen wie nur wenige andere Branchen. Wegen der Pandemie und der Reisebeschränkungen ist die Nachfrage nach Flugtickets zum grössten Teil weggebrochen. Fluggesellschaften in aller Welt kämpfen ums Überleben. Neue Flugzeuge von Herstellern wie Airbus und Boeing können die meisten von ihnen im Moment kaum gebrauchen.
Rund 15’000 Stellen gestrichen
Airbus hat seine Flugzeugproduktion daher um rund 40 Prozent heruntergefahren und will bis kommenden Sommer rund 15’000 Arbeitsplätze abbauen. Die Gespräche mit den Arbeitnehmervertretern laufen zwar noch, doch wegen der zu erwartenden Abfindungen legte der Konzern schon jetzt 1,2 Milliarden Euro zur Seite.
Im dritten Quartal sackte Airbus dadurch tief in die Verlustzone. Unter dem Strich stand ein Fehlbetrag von 767 Millionen Euro nach einem Gewinn von 989 Millionen ein Jahr zuvor. Im laufenden Geschäft brach der Umsatz wegen der gebremsten Auslieferung von Passagierjets im Jahresvergleich um 27 Prozent auf 11,2 Milliarden Euro ein. Der um Sonderkosten bereinigte operative Gewinn (bereinigtes Ebit) sackte um 49 Prozent auf 820 Millionen Euro nach unten, fiel aber höher aus als von Analysten im Schnitt erwartet.
Zudem konnte das Management den Geldabfluss im laufenden Geschäft stoppen. So verbuchte das Unternehmen vor Übernahmen und Kundenfinanzierungen einen Mittelzufluss von 0,6 Milliarden Euro. Auf die ersten neun Monate gesehen belief sich das Minus aber immer noch auf 11,8 Milliarden Euro. Für das vierte Quartal peilt Faury hier mindestens eine ausgeglichene Entwicklung an.
Dabei setzt er voraus, dass es zu keinen weiteren Störungen der Weltwirtschaft, des Flugverkehrs, der konzerninternen Abläufe sowie der Flugzeugauslieferungen kommt. Allerdings hat das Management Lockdown-Massnahmen in Deutschland und Frankreich offenbar bereits berücksichtigt. «Unsere Prognose basiert auf dem, was wir jetzt absehen können», sagte Faury in einer Telefonkonferenz mit Journalisten.
Ausblick bleibt vage
Weitere Vorhersagen zum laufenden Geschäftsjahr – etwa zur Zahl der auszuliefernden Flugzeuge, Umsatz oder operativem Ergebnis – wollte der Manager nicht abgeben. Das ursprüngliche Ziel, in diesem Jahr 880 Verkehrsflugzeuge auszuliefern, hatte der Vorstand wegen der Krise bereits im Frühjahr gestrichen.
Wann Airbus seine Flugzeugproduktion wieder hochfährt, ist noch offen. Die Kürzung um 40 Prozent war zunächst auf zwei Jahre angelegt. Wie andere in der Branche geht Faury davon aus, dass die Nachfrage nach Kurz- und Mittelstreckenflügen zuerst wieder anzieht und das Geschäft auf der Langstrecke deutlich länger darben wird. Daher dürfte die Nachfrage nach neuen Mittelstreckenjets der A320-Familie nach seiner Einschätzung zuerst wieder anziehen.
Airbus hat seine Zulieferer deshalb darauf vorbereitet, dass der Konzern die Produktion der A320-Reihe und ihrer Neuauflage A320neo möglicherweise ab Sommer 2021 wieder ein Stück hochfährt. Statt 40 Maschinen pro Monat könnte Airbus dann wieder bis zu 47 Exemplare bauen, hiess es. Vor der Krise hatte der Hersteller monatlich noch rund 60 Maschinen der Reihe produziert und wollte die Zahl bis 2021 sogar auf 63 Exemplare pro Monat steigern. (awp/mc/ps)