Coronavirus: Mehr als 100 Virus-Tote in China – Rückkehrer erwartet
Peking – An der vom neuartigen Coronavirus ausgelösten Lungenkrankheit sind in China weitere 118 Patienten gestorben. Mehr als ein Dutzend Rückkehrer aus der schwer von der Epidemie betroffenen Elf-Millionen-Stadt Wuhan in Zentralchina werden am Freitag in Stuttgart erwartet. Die letzten sechs an Bord des unter Quarantäne gestellten Kreuzfahrtschiffes «Diamond Princess» in Japan verbliebenen Deutschen werden am Freitag mit einem italienischen Flugzeug nach Berlin ausgeflogen. Aus Furcht vor einer Verbreitung des Erregers schloss der Irak seine Grenze zum Iran.
In mehr als zwei Dutzend Ländern sind insgesamt bereits rund 1200 Infektionen und elf Tote gezählt worden. In Festland-China sei die Zahl der nachgewiesenen Infektionen bis Freitag um 889 auf insgesamt 75’465 Fälle gestiegen, teilte die Gesundheitskommission in Peking mit. Experten rechnen allerdings mit einer sehr viel höheren Dunkelziffer. Mit den neuen Todesfällen sind nun offiziell 2236 Tote in der Volksrepublik zu beklagen. Knapp die Hälfte der neuen Ansteckungen mit dem Sars-CoV-2 genannten Virus wurden aus der Provinz Hubei gemeldet, in deren Hauptstadt Wuhan die Epidemie begonnen hatte.
Zählweise erneut geändert
Der Anstieg fiel den zweiten Tag in Folge niedriger aus, nachdem China erneut die Zählweise geändert hatte. So werden klinische Diagnosen der Covid-19-Lungenkrankheit in Hubei nicht mehr als Infektionen gezählt. Künftig muss die Ansteckung wieder durch einen DNA-Test im Labor bestätigt werden. Die Provinz hatte erst vergangene Woche angefangen, auch Diagnosen zu zählen, die auf Faktoren wie Lungenbildern, dem körperlichen Zustand und der epidemiologischen Vorgeschichte beruhen. Experten hatten beklagt, dass die DNA-Tests häufig fehlerhaft seien und Infektionen nicht aufspürten.
Weitere Rückholaktion aus Wuhan
Nach einer neuen europäischen Rückholaktion aus Wuhan sollen am Freitag in Stuttgart mehr als ein Dutzend Heimkehrer eintreffen. Sie kommen zunächst mit anderen Europäern in einer französischen Maschine nach Paris. Nach ihrer Ankunft am Vormittag auf dem Flughafen Stuttgart sollen die Reisenden zunächst untersucht und dann in eine Quarantäne-Station im Landkreis Esslingen gebracht werden. Die Rückkehrer werden vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) betreut.
Sechs Deutsche, die in Yokohama noch auf der «Diamond Princess» waren, fliegen mit anderen Europäern in einem italienischen Flugzeug nach Berlin. Wie die Deutsche Presse-Agentur in Tokio erfuhr, ist der Abflug für Freitag 22.00 Uhr Ortszeit (14.00 MEZ) geplant. Das Schiff hatte zwei Wochen unter Quarantäne gestanden. Ein deutsches Ehepaar aus Hessen war positiv getestet worden und liegt in Japan im Krankenhaus. Ein weiterer Deutscher und seine japanische Frau aus München wollen noch einige Tage in Tokio bleiben.
Das Flugzeug soll im militärischen Teil des Flughafens Tegel landen. Es seien auch zwei Berliner an Bord, sagte Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci. Geplant sei, sie zunächst für 14 Tage zu Hause zu isolieren. Diejenigen, die nicht in der Bundeshauptstadt wohnen, werden demnach zunächst von DRK-Mitarbeitern in ihre Heimatorte gebracht.
Nachdem an den beiden Vortagen zusammen 717 Passagiere das Schiff in Yokohama verlassen hatten, sollen am Freitag weitere rund 450 Menschen von Bord, wie der japanische Fernsehsender NHK meldete. Am Vortag waren zwei infizierte japanische Senioren gestorben. Bei 634 der rund 3700 Passagiere und Crewmitglieder wurden Infektionen festgestellt. Sie werden in Kliniken betreut. Diejenigen, die Kontakt zu Infizierten hatten, müssen vorerst an Bord bleiben.
Angst vor dem Virus auch in Japan
Die Angst vor dem Virus beeinträchtigt in Japan auch immer mehr Sportveranstaltungen. Nachdem die Veranstalter des traditionellen Tokio-Marathons entschieden hatten, dass in diesem Jahr nur Top-Athleten, aber keine Amateure teilnehmen dürfen, wurde dasselbe auch für den Frauen-Marathon in Nagoya beschlossen. Der Stadt-Marathon in Nagoya wurde ganz abgesagt. Gesundheitsminister Katsunobu Kato rief die Organisatoren verschiedenster Veranstaltungen auf, ihre Pläne zu überdenken. Eine Absage fordere die Regierung gegenwärtig aber nicht. Die Ausbreitung des Virus wird in Japan mit Sorge verfolgt, da in einem halben Jahr die Olympischen Spiele in Tokio stattfinden sollen.
Irak schliesst seine Grenze
Aus Furcht vor einem Überschwappen des nun auch im Iran nachgewiesenen Coronavirus schloss der Irak seine Grenze zum Nachbarland. Iraner dürften die Übergänge nicht länger passieren. Aus der Islamischen Republik einreisende Iraker würden den vom Gesundheitsministerium angeordneten Prüfungen unterzogen, teilte die irakische Grenzschutzbehörde mit. Irakischen Medienberichten zufolge setzte die staatliche Fluggesellschaft Iraqi Airways zudem vorerst ihre Verbindungen zu iranischen Zielen aus.
Hintergrund sind zwei auf den Erreger SARS-CoV-2 zurückgeführte Todesfälle in der iranischen Grossstadt Ghom. Bis dahin war noch keine einzige Infektion im Land erfasst worden. Bei den Toten soll es sich um zwei ältere Männer handeln, die nach Behördenangaben nicht ausserhalb ihrer Heimatstadt Ghom gewesen waren. Auch Kontakt zu chinesischen Touristen hatten sie demnach nicht. Das Ausmass möglicher Infektionen im Iran ist unklar. Während das Staatsradio der Bevölkerung versicherte, dass alles unter Kontrolle sei, berief das Innenministerium eine Dringlichkeitssitzung ein. Da am Freitag Parlamentswahlen im Iran anstehen, bestand die Sorge, dass Ängste vor dem Virus die Wahlbeteiligung senken könnten. (awp/mc/kbo)