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Wiesbaden – In der deutschen Industrie werden die Bremsspuren deutlicher: Im August sind die Auftragseingänge überraschend den zweiten Monat in Folge gesunken. Das Statistische Bundesamt meldete am Dienstag einen Rückgang um 1,8 Prozent im Monatsvergleich. Bankvolkswirte wurden von den Daten überrascht. Sie hatten einen Zuwachs um 0,5 Prozent erwartet. Ausserdem korrigierte das Bundesamt den Auftragsrückgang im Juli von 1,4 auf 2,2 Prozent nach unten.
«Die Auftragseingänge entwickelten sich nach der starken Belebung im zweiten Quartal zuletzt schwach», kommentierte das Bundeswirtschaftsministerium. Allerdings seien die August-Daten durch Ferieneffekte – gemeint ist die späte Lage der Sommerferien – überzeichnet gewesen.
Schwellenländer belasten
Als wesentlicher Grund für die enttäuschenden August-Daten wurde ein Rückgang der Aufträge aus Ländern ausserhalb der Eurozone genannt. Hier bezifferte das Bundesamt den Rückgang auf 3,7 Prozent. «Offensichtlich leidet das Geschäft deutscher Unternehmen zunehmend unter der schwachen Konjunktur in Schwellenländern», kommentierte Experte Ralph Solveen von der Commerzbank. Zuletzt hatte eine Konjunkturflaute in China die Sorgen vor einem Abbremsen der Weltwirtschaft geschürt und für heftige Turbulenzen an den Finanzmärkten gesorgt.
Chefvolkswirt Thomas Gitzel von der VP Bank sieht durch die Lage in China aber keinen Grund für übertriebene Sorgen. Seiner Einschätzung nach «gibt es begründeten Anlass zur Hoffnung, dass es sich lediglich um eine Momentaufnahme handelt». Gitzel geht vielmehr davon aus, dass sich die Konjunktur beim wichtigen Handelspartner China in den kommenden Monaten stabilisieren wird.
Eurozone entwickelt sich zur Stütze deutscher Exporte
Experte Rainer Sartoris von der Bank HSBC Trinkaus erklärte die enttäuschende Entwicklung der Auftragseingänge auch mit der Kursentwicklung des Euro. Demnach lasse der Rückenwind für die deutsche Exportindustrie durch die Abwertung des Euro nach. Nachdem die Gemeinschaftswährung zu Beginn des Jahres massiv abgewertet hatte, konnte sich der Euro seit dem Frühjahr stabilisierten.
Während die Bestellungen aus dem fernen Ausland nachlassen, zeigt sich der Auftragseingang aus dem Euroraum immer stärker als Stütze der deutschen Exportwirtschaft. Von dort kamen im August 2,5 Prozent mehr Aufträge als im Vormonat. «Die angeschlagene Eurozone scheint sich zu berappeln und liefert mittlerweile wieder positive Impulse für die deutsche Wirtschaft», kommentierte Experte Gitzel.
Märkte reagieren gelassen
Generell sehen Volkswirte keine ernste Gefahren für die deutsche Wirtschaft. «Mit einem Wegbrechen der Aktivität im Verarbeitenden Gewerbe ist nicht zu rechnen», sagte Experte Sartoris. Er begründete dies mit jüngsten Umfragen in deutschen Unternehmen. So sei beispielsweise das Ifo-Geschäftsklima im September weiter gestiegen, und auch die Stimmung der Einkaufsmanager deute nach wie vor auf ein moderates Wachstum in der deutschen Industrie hin.
Die überraschend schwachen Auftragsdaten aus der deutschen Industrie drückten auf die Stimmung an der Frankfurter Börse und der Deutsche Aktienindex DAX und am Markt für Bundesanleihen in Grenzen. (awp/mc/ps)