Deloitte: CFOs setzen auf langfristiges Wachstum
Zürich – Trotz der anhaltenden Unsicherheit angesichts des wirtschaftlichen und geschäftlichen Umfelds bleiben europäische CFOs weiterhin optimistisch, was das Wachstumspotenzial ihrer Unternehmen im kommenden Jahr anbelangt, so die jüngste Deloitte European CFO Survey. Bei der Umfrage zum dritten Quartal 2016 befragten Mitgliedsunternehmen von Deloitte 1148 CFOs in 17 europäischen Ländern, darunter 111 in der Schweiz.
Weiterhin grosse Unsicherheit
Zwei Drittel (67%) der europäischen Finanzchefs gaben an, dass ihre Unternehmen mit grosser finanzieller und wirtschaftlicher Unsicherheit konfrontiert sind, wobei der Anteil dieser Gruppe leicht niedriger ist als im ersten Quartal (66%). In Grossbritannien und Deutschland ist diese Wahrnehmung mit 88% am stärksten vertreten, in Finnland mit 36% am schwächsten. In der Schweiz liegt der Prozentsatz der CFOs, die eine hohe Unsicherheit registrieren, mit 63% etwas niedriger als im europäischen Durchschnitt. Dieser Wert ist seit dem ersten Quartal um sechs Prozentpunkte zurückgegangen, da der Wechselkursschock peu à peu abflaut.
CFOs sehen das Umsatzwachstum weiterhin optimistisch
Die finanziellen Aussichten für ihr Unternehmen werden von 26% der CFOs optimistischer eingeschätzt als noch vor drei bis sechs Monaten, ein leichter Anstieg gegenüber 25% im ersten Quartal. In Grossbritannien ist der Optimismus nach dem Brexit-Referendum mit nur 16% am geringsten. Am positivsten wird die Lage von schwedischen CFOs eingeschätzt – 44% äusserten sich zuversichtlich. In der Schweiz liegt der Optimismus mit 27% leicht über dem Durchschnitt.
Trotz der hohen Unsicherheit und der geringen Risikobereitschaft gehen 65% der CFOs davon aus, dass die Umsätze ihrer Unternehmen im nächsten Jahr steigen werden, gegenüber 63% in Q1 2016 (Schweiz in Q3: 64%). 46% der britischen CFOs erwarten einen Umsatzanstieg, der niedrigste Prozentsatz aller Länder. Am optimistischsten äusserten sich die polnischen CFOs, von denen 83% mit einem Umsatzwachstum rechnen.
Michael Grampp, Chefökonom bei Deloitte in der Schweiz: «Trotz des schwierigen wirtschaftlichen Umfelds sind CFOs zuversichtlich, dass ihre Unternehmen die Unsicherheit überstehen und in den nächsten zwölf Monaten wachsen werden. Dies liegt teilweise daran, dass sich die Unternehmen besser an das unsichere Umfeld angepasst haben, in dem sie nun bereits eine Zeit lang operieren. Es zeigt jedoch auch die Widerstandskraft des europäischen Unternehmenssektors, der in den vergangenen Jahren ein schleppendes Wachstum und mehrere Schocks zu verkraften hatte, in diesem Jahr aber Anzeichen einer nachhaltigeren Erholung zeigt. Das europäische BIP-Wachstum soll in diesem Jahr 1,6% betragen. Dies ist zwar das dritte Jahr in Folge ein niedriger Wachstumswert für Europa, aber auch der bisher höchste Wert seit der Finanzkrise.»
Brexit und politische Risiken
37% der CFOs erklärten, dass die Verhandlungen über den Austritt der Briten aus der Europäischen Union ihrem Geschäft schaden werden, während 50% mit keinen Auswirkungen rechnen. 5% sind der Ansicht, dass sich der Austritt positiv auswirken wird. Die negative Stimmung ist in Grossbritannien am stärksten: 65% sind der Meinung, dass der Brexit die wirtschaftliche Entwicklung beeinträchtigen wird. Der bevorstehende Brexit sorgt aber auch unter den Finanzchefs in Portugal (52%), in den Niederlanden und in Irland (jeweils 48%) für Besorgnis. In der Schweiz ist die Stimmung etwas optimistischer, dennoch äussern sich 23% besorgt.
Die CFOs wurden auch gefragt, welche Aspekte eines potenziellen Brexits ihre Unternehmen am stärksten beeinflussen würden. Auf diese Frage antworteten Teilnehmer aus 14 Ländern, dass die zunehmende Komplexität und Regulierungskosten die gravierendsten Auswirkungen haben würden. Die Beschränkung der Mobilität der Arbeitskräfte und die geringeren Exportchancen aufgrund von nichttarifären Handelshindernissen wurden ebenfalls genannt.
Insgesamt wurde von den befragten Teilnehmern in neun Ländern die geopolitische und wirtschaftliche Unsicherheit als grösster Risikofaktor für die Unternehmen im nächsten Jahr eingestuft, während eine schwache Inlandsnachfrage in vier Ländern als grösstes Risiko genannt wurde. Beide Faktoren werden auch in der Schweiz mit Sorge gesehen, während das Währungsrisiko am häufigsten erwähnt wird und monetäre Risiken und Regulierungsfragen ebenfalls ganz oben auf der Liste stehen.
Michael Grampp kommentiert: «Unternehmen in ganz Europa hatten den Sommer über mit verschiedenen politischen Erschütterungen zu kämpfen, die sich in einer hohen Unsicherheit niederschlugen. Der Brexit ist hier an erster Stelle zu nennen. Über ein Drittel der europäischen CFOs gab an, dass die Verhandlungen zum Austritt der Briten aus der EU negative Auswirkungen auf ihr Unternehmen haben werden. Die Bedenken rund um die regulatorischen Veränderungen wiegen am schwersten, aber auch Beschränkungen der Arbeitskräftemobilität und der Exportchancen werden als Risiken für europäische Unternehmen genannt.»
«Der Brexit ist jedoch nicht die einzige Sorge der Europäer. Die politische Unsicherheit, die in Ländern von Spanien bis in die Türkei in unterschiedlichem Ausmass spürbar ist, die bevorstehenden Wahlen in Frankreich und Deutschland und jetzt natürlich auch das Ergebnis der Wahlen in den USA sorgen auf den Chefetagen der Unternehmen für Besorgnis.» (Deloitte/mc)