Zürich – Die 250 grössten Detailhändler weltweit erzielten im Geschäftsjahr 2016 einen Umsatz in der Höhe von 4,4 Billionen US-Dollar*. Dies entspricht einem Wachstum von insgesamt 4,1%, so der neue Bericht Global Powers of Retailing 2018 von Deloitte. Der europäische Anteil an den Umsätzen der Top 250 fiel innerhalb von 10 Jahren von 39,4% auf 33,8%. Der Abstand gegenüber Nordamerika nimmt zu, asiatische Detailhändler gewinnen an Boden. Die vier im Bericht genannten Schweizer Detailhändler machen jedoch alle Plätze gut.
Mit Blick auf die Teilsektoren zeigt sich, dass die Detailhandelsparte Bekleidung und Accessoires zum ersten Mal in vier Jahren nicht das Wachstum anführt. Jedoch kann sie sich untern den anderen Teilsektoren als die rentabelste und globalisierteste behaupten. Die Sparte Hartwaren und Freizeitartikel verzeichnet in 2016 ein Wachstum von knapp 8%, nahezu doppelt so viel wie die Top 250 zusammen. Anbieter von Konsumgüter mit hoher Umschlagshäufigkeit (FMCG)1 sind in der Rangliste die bei weitem grössten (durchschnittlicher Detailhandelsumsatz in Höhe von nahezu 21,7 Milliarden US-Dollar) und die am häufigsten aufgeführten Unternehmen: Die 135 Detailhändler repräsentieren 54% der Top 250 Unternehmen und zwei Drittel des Umsatzes.
Nicht nur der europäische Anteil an den Umsätzen der Top 250 gab nach, sondern auch die Anzahl der europäischen Unternehmen in der Rangliste war rückläufig: Lediglich 82 Detailhändler haben ihren Sitz in Europa (GJ 2015: 85, GJ 2014: 93). Trotz des sinkenden Anteils sind europäische Detailhändler weiterhin global am aktivsten, da sie nach Wachstumschancen ausserhalb ihres gesättigten Heimatmarkts Ausschau halten. Nahezu 41% ihrer Gesamtumsätze erzielten sie im Ausland – beinahe doppelt so viel wie die Unternehmen der Top 250 insgesamt.
«Die Bedeutung der europäischen Unternehmen im globalen Detailhandelsmarkt ist in den letzten zehn Jahren zurückgegangen. Gründe dafür sind die langsamere Erholung der europäischen Volkswirtschaften nach der globalen Finanzkrise, die Unsicherheit rund um den Brexit und die schwache Entwicklung einiger grosser Detailhändler mit Sitz in Europa. Die Zukunftsaussichten sind jedoch vielversprechend: Die Weltwirtschaft wächst beständig und die Indikatoren für europäische Detailhändler sind positiv», erläutert Konstantin von Radowitz, Head of Consumer & Industrial Products bei Deloitte. «Schweizer Detailhändlern ist das robustere globale Wirtschaftswachstum besonders willkommen. Jedoch müssen sie sich auch negativen Folgen steigender Einkommensungleichheit, protektionistischen Massnahmen sowie Auswirkungen und Chancen stellen, die digitale Technologien für den traditionellen Detailhandel in der Schweiz bergen.»
Schweizer Detailhändler widerstehen dem internationalen Wettbewerbsdruck
Die Schweizer Marktführer Migros und Coop konnten in Ranking der 250 weltweit grössten Detailhändler Plätze gut machen: Migros (Detailhandelsumsätze von 24,1 Milliarden US-Dollar) belegt Platz 39 und Coop (Detailhandelsumsätze von 22,4 Milliarden US-Dollar) klettert auf Platz 43. Beide verbessern sich damit um zwei Plätze gegenüber dem Vorjahr. Die Umsätze des Schweizer Reise-Detailhändlers Dufry übertrafen den Durchschnitt der Region deutlich; das Unternehmen rangiert auf Platz 127 (152 im Vorjahr). Das Basler Unternehmen expandierte in den letzten Jahren erfolgreich. Die Detailhandelsumsätze betrugen 7,7 Milliarden US-Dollar im Jahr 2016 und legten seit 2011 jährlich im Schnitt um 24,4% zu. Das Luxusgüterunternehmen Richemont mit Sitz in Genf stieg um drei Plätze auf Platz 138.
Transformative Veränderung, wiedererstarkter Handel
Der Bericht Global Powers of Retailing 2018 analysiert ferner, wie die Regeln des Detailhandels im Zuge des transformativen Wandels neu geschrieben werden. Innovation, Kollaboration, Konsolidierung, Integration und Automatisierung sind erforderlich, um dem Handel neues Leben einzuhauchen. Die Geschäftstätigkeit der Detailhändler wird sich jetzt und für die Zukunft von Grund auf ändern.
Die vier Trends, mit denen sich der Bericht befasst:
- Erstklassige digitale Kompetenzen entwickeln. Aus Konsumentensicht geht es beim Einkaufen nicht um den Vergleich Online versus Offline oder welches der bevorzugte Kanal zum Erwerb eines Produkts ist. Konsumenten denken weniger an die Auswahl des Kanals sondern ihre Bequemlichkeit: Die Entscheidungsfindung und die Informationssuche vor dem Einkauf sind zudem fluide Vorgänge und Kunden schwanken zwischen Online und Offline auf dem Weg zum Produktkauf.
- Durch die Kombination von Offline und Online wird verlorener Boden wiedergutgemacht. Viele Akteure, die den digitalen Entwicklungen anfänglich noch hinterherhinkten, holen Versäumtes auf und gewinnen rasch und deutlich an Boden.
- Einzigartige und spannende Einkaufserlebnisse ermöglichen. Noch sind die traditionellen Ladengeschäfte nicht vom Aussterben bedroht: 90% der weltweiten Detailhandelsumsätze werden immer noch vor Ort erwirtschaftet. Um aber mit dem Bedürfnis nach einem einfachen Einkauf und dem endlosen Produktangebot online mithalten zu können, sind einzigartige Kundenerlebnisse und eine starke Markenbindung entscheidend.
- Detailhandel mit den neusten Technologien neu erfinden. Selten bot sich die Möglichkeit, aufgrund von schnell voranschreitendem technologischen Fortschritt und bahnbrechenden Innovationen die Geschäftsmodelle des Detailhandels so schnell und so umfassend zu verändern wie zurzeit. Themen wie das Internet der Dinge (z.B. automatisierte Bezahlsysteme), künstliche Intelligenz (z.B. Bestellunterstützung durch Amazon Echo oder Google Home), erweiterte und virtuelle Realität sowie Roboter sollten bei jedem Detailhändler auf dem Radar sein.
Die zehn weltweit grössten Detailhändler und die Schweizer Unternehmen
Die fünf grössten Detailhändler konnten ihre Positionen an der Spitze behaupten. Eine Kombination aus organischem Wachstum, Übernahmen und Wechselkursschwankungen sorgte dafür, dass sich der Rest der Top 10 verschoben hat. Die 10 grössten Unternehmen stellen nun 30,7% des Gesamtdetailhandelsumsatzes der Top 250; im Vorjahr waren es noch 30,4%. Nach wie vor haben sieben der wichtigsten globalen Detailhändler ihren Sitz in den USA, zwei in Deutschland.
«Der Detailhandel steht vor einem grundlegenden Wandel. Der Kunde sagt wo es lang geht und rückt mehr und mehr in den Fokus. Durch die Möglichkeiten der heutigen Technologie ist er ständig vernetzt und beschleunigt durch sein Einkaufsverhalten die Veränderungen im Detailhandel», sagt Karine Szegedi, Partner Consumer & Industrial Products bei Deloitte. «Im Detailhandel verändern sich traditionelle Geschäftsmodelle rasant; das führt zu nie dagewesenen Umwälzungen. Diese sind aber auch notwendig – sowohl online als auch offline – um die Erwartungen anspruchsvoller Kunden zu erfüllen und seine Erlebnisse neu zu definieren. Die Verbreitung neuer Technologien wie das Bezahlen mit dem Smartphone oder per Self-Checkout verändert den Detailhandel in der Schweiz rasant, denn die Schweizer Kunden setzen diese Technologien beim Einkauf immer häufiger ein. Die Grenze zwischen dem Online- und Offline-Kunden verschwimmt weiter.» (Deloitte/mc/ps)
1Fast Moving Consumer Goods: Produkte, die schnell und zu relativ niedrigen Kosten verkauft werden («Fast-moving Consumer Goods», kurz FMCG).
*einschliesslich Unternehmen, deren Geschäftsjahr im Juni 2017 endete