Wiesbaden – Die deutsche Industrie kommt nicht aus den Startlöchern: Im Mai haben sowohl Produktion als auch Auftragsentwicklung enttäuscht. Die Gesamtherstellung ging zum Vormonat um 2,5 Prozent zurück, wie das Statistische Bundesamt am Freitag in Wiesbaden bekannt gab. Es ist der deutlichste Rücksetzer seit Ende 2022. Analysten hatten im Schnitt mit einem leichten Anstieg um 0,1 Prozent gerechnet.
Die schwachen Produktionsdaten folgen auf enttäuschende Auftragszahlen vom Vortag. Demnach sind die Industriebestellungen im Mai das fünfte Mal in Folge gesunken. Der Rückgang auf Monatssicht betrug 1,6 Prozent. Im Jahresvergleich gingen 8,6 Prozent weniger Aufträge ein.
«Weitere Hiobsbotschaft»
Die Produktion entwickelte sich auf Jahressicht ebenfalls schwach, zum Vorjahresmonat brach sie um 6,7 Prozent ein. «Eine weitere Hiobsbotschaft von der Industrie», kommentierte Ökonom Jens-Oliver Niklasch von der Landesbank Baden-Württemberg. «Es scheint, als sei eine Wende zum Besseren weiter entfernt denn je.» Die deutsche Wirtschaft erlebe das zweite Jahr Stagnation in Folge.
Dabei hatte es in den vergangenen Wochen einige Lichtblicke gegeben: Die Unternehmensstimmung hatte sich tendenziell aufgehellt, mehrere hochrangige Wirtschaftsinstitute hatten ihre Wachstumserwartungen nach oben gesetzt – wenn auch von niedrigem Niveau aus. Doch all das könnte schon wieder ins Wanken geraten: «Die deutsche Wirtschaft verliert erneut an Fahrt», erklärte Chefökonom Carsten Brzeski von der Bank ING.
Das Bundeswirtschaftsministerium sprach in einem Kommentar nüchtern von einer zunächst verhaltenen Industriekonjunktur. «Erst im Zuge der weiteren Erholung des Welthandels und der allmählichen Belebung der Nachfrage nach Industrieerzeugnissen dürfte sich die Produktion stabilisieren.»
Energiesektor legt zu
Im Detail konnte im Mai nur der Energiesektor überzeugen. Er erhöhte seinen Ausstoss zum Vormonat um 2,6 Prozent. Dagegen ging die Warenproduktion in der Industrie um 2,9 Prozent zurück. Am Bau war die Aktivität ebenfalls deutlich schwächer, das Minus betrug 3,3 Prozent.
Nicht nur für die deutsche Industrie lief es im Mai schlecht. Auch in Frankreich – nach Deutschland die zweitgrösste Volkswirtschaft im Euroraum – fiel die Produktion schwach aus. Nach Zahlen des Statistikamts Insee sank die Gesamtherstellung von April auf Mai um 2,1 Prozent. In Spanien – nach Wirtschaftskraft die Nummer vier der Eurozone – ging die Produktion im Mai ebenfalls zurück, wenn auch nur leicht. (awp/mc/pg)