Deutsche Industrie kämpft mit starkem Auftragsrückgang
Berlin – Die deutsche Wirtschaft spürt den Gegenwind der Euro-Schuldenkrise immer stärker: Im September erhielten die Industrieunternehmen 3,3 Prozent weniger Aufträge als im Vormonat, wie das Wirtschaftsministerium in Berlin mitteilte. Das ist der stärkste Rücksetzer seit einem Jahr. Die Nachfrage aus dem Ausland war mit minus 4,5 Prozent besonders stark rückläufig, aus dem Euroraum kamen sogar 9,6 Prozent weniger Aufträge. Allerdings war der Umfang von Grossaufträgen, die für gewöhnlich stark zu Buche schlagen, unterdurchschnittlich. Dies dürfte die Entwicklung zusätzlich belastet haben.
Bankvolkswirte nahmen die Zahlen äusserst negativ auf: Weil die Neuaufträge als vorlaufender Indikator gelten, rechnet die Commerzbank mit einer schrumpfenden Wirtschaftsleistung Deutschlands im Schlussquartal. Auch die Experten der Postbank sehen dieses Risiko.
Etwas zuversichtlicher gibt sich Berenberg-Ökonom Christian Schulz. Er verweist auf die hohe Schwankungsanfälligkeit der Industrieorders. Insbesondere im Monatsvergleich schwanken die Neuaufträge für gewöhnlich recht stark, nicht zuletzt wegen der überwiegend grossen Bestellvolumina. «Der monatliche Rückgang sollte nicht überbewertet werden», resümiert Schulz.
Rezession im Euroraum belastet
Bereits im Vormonat hatten die Industrieorders nachgegeben, wobei der Rückgang mit nunmehr 0,8 Prozent um 0,5 Punkte geringer als bislang ausgewiesen wird. Auf Jahressicht gaben die Neuaufträge im September um 4,7 Prozent nach. Die Markterwartungen wurden sowohl im Monats- als auch im Jahresvergleich klar verfehlt.
«Das schwache wirtschaftliche Umfeld des Euroraums, aber auch der übrigen Weltwirtschaft schlägt sich mittlerweile deutlicher als im ersten Halbjahr bei der Nachfrage nach deutschen industriellen Erzeugnissen nieder», kommentierte das Ministerium. Dies wirke sich auch auf die inländische Nachfrage aus. Mithin dürfte sich die Industrieproduktion in den kommenden Monaten weiter abschwächen.
Order-Minus auf breiter Front
Von dem Orderrückgang waren alle relevanten Sektoren betroffen: An Vorleistungsgütern wurden 5,0 Prozent weniger Neuaufträge erteilt, im wichtigen Investitionsgüterbereich 2,4 Prozent. Im Sektor Konsumgüter lag das Minus bei 1,7 Prozent. Im gesamten dritten Quartal fielen die Auftragseingänge um 2,3 Prozent. Im Zweimonatsvergleich (August/September zu Juni/Juli) sanken sie um 2,5 Prozent. (awp/mc/pg)