Berlin – Die Lokführer der Deutschen Bahn sind in der Nacht auch im Personenverkehr wieder in den Streik getreten. Die Bahn bestätigte, der Ausstand habe wie geplant am Mittwoch um 2.00 Uhr begonnen. «Es ist losgegangen», sagte eine Bahnsprecherin. Wann der Streik enden wird, hat die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) diesmal offen gelassen. Bereits am Dienstagnachmittag hatten die Lokführer der Güterzüge die Arbeit niedergelegt. Es ist der neunte Streik in diesem Tarifkonflikt seit Anfang September.
Für Millionen Bahnfahrgäste bedeutet der Arbeitskampf starke Einschränkungen. So werden voraussichtlich etwa zwei Drittel der Fernzüge ausfallen und je nach Region 40 bis 85 Prozent der Nahverkehrszüge. Auch die S-Bahnen sind vom Streik betroffen. Die Bahn hat Ersatzfahrpläne für den Fern-, Regional- und S-Bahn-Verkehr veröffentlicht. Sie sind nach Angaben der Bahn verlässlich.
Streik könnte «etwas länger» dauern
Sollten sich Bahn und GDL nicht zuvor am Verhandlungstisch wieder näher kommen, soll der Streik «etwas länger» dauern als Anfang Mai, hatte GDL-Chef Claus Weselsky angekündigt. Damals waren es knapp sechs Tage. Nun soll der Ausstand nach Ankündigungen der GDL über die Pfingstfeiertage andauern.
Nach Informationen der «Bild»-Zeitung (Mittwoch) soll der Deutsche Beamtenbund keine finanzielle Unterstützung für die GDL leisten. Grund sei, dass die GDL diesmal keinen entsprechenden Antrag gestellt habe.
Über einen Vermittlungsversuch gab es zunächst keine näheren Informationen. Bahn und GDL loteten bei einem Treffen in Frankfurt die rechtlichen Bedingungen einer möglichen Schlichtung aus. Als unabhängige Instanz nahm der frühere Bundesarbeitsrichter Klaus Bepler teil. «Es ist Vertraulichkeit verabredet worden», sagte eine Bahn-Sprecherin der Deutschen Presse-Agentur. Die Gespräche sollten «kurzfristig fortgesetzt» werden.
Der Vorsitzende des Dachbverbands dbb-Beamtenbund, Klaus Dauderstädt, verteidigte den Streik. «Wir stehen hinter den Zielen der GDL», sagte er der «Nordwest-Zeitung» (Mittwoch). «Wenn man am Verhandlungstisch nicht weiterkommt, gehören immer zwei Seiten dazu.» Die Deutsche Bahn AG habe nicht genug dafür getan, schnell zu einer Einigung zu kommen.
«Pures Gift für Krisenmanagement der Unternehmen»
Der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann kritisierte den GDL-Chef indes erneut: Weselsky wolle augenscheinlich das Gesetz über die Tarifeinheit abwarten, «um dann im Zusammenhang mit dem schwelenden Konflikt gegen das Gesetz klagen zu können», sagte er dem «Tagesspiegel» (Mittwoch). Er instrumentalisiere die Beschäftigten und die Kunden der Bahn gegen das Gesetz. «Das geht zu weit, um es vorsichtig zu sagen», sagte Hoffmann.
Wirtschaftsverbände wiesen auf drohende Probleme durch den Ausstand hin. «Die Ankündigung eines unbefristeten Bahnstreiks ist pures Gift für das Krisenmanagement der Unternehmen», klagte der Bereichsleiter Gunnar Gburek vom Logistik-Bundesverband BME. Die Chemieindustrie – einer der wichtigsten Güterkunden der Bahn – überdenkt ihre Logistikkonzepte. (awp/mc/ps)