Luxemburg – In der Eurozone hat sich die Wirtschaft im Sommer trotz robuster Ausgaben der privaten Haushalte kaum belebt. Der Druck auf die nationalen Regierungen und die Europäische Zentralbank (EZB), das magere Wachstum anzukurbeln, bleibt damit weiter hoch. In den wichtigsten Volkswirtschaften Deutschland und Frankreich mangelt es an Investitionen, weswegen Volkswirte fürs Erste keinen nennenswerten Aufschwung erwarten.
Laut einer ersten Schätzung des europäischen Statistikamts Eurostat vom Freitag wuchs das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Eurozone im Vergleich zum Vorquartal um 0,2 Prozent. Volkswirte hatten nur mit dem minimalen Wachstum von 0,1 Prozent aus dem Vorquartal gerechnet.
«Quälend langsam»
Für Experte Christoph Weil von der Commerzbank zerstreut dies die in Europa zwischenzeitlich aufgekommenen Rezessionsängste endgültig. «Doch wer nun auf einen nachhaltigen Aufschwung im Euroraum hofft, dürfte enttäuscht werden. Die Euro-Wirtschaft wird sich auch in den kommenden Quartalen nur quälend langsam erholen,» kommentierte Weil. Er geht davon aus, dass die EZB deswegen im ersten Halbjahr des nächsten Jahres in grossem Umfang Staatsanleihen kaufen wird.
Der grössten Volkswirtschaft Deutschland blieb eine neue Rezession trotz der Krise in der Ukraine und der Konjunkturflaute in der Eurozone erspart. Die deutsche Wirtschaft wuchs laut einer ersten Schätzung des Statistischen Bundesamts wie von Experten erwartet im dritten Quartal um 0,1 Prozent. Positive Impulse kamen vor allem von den privaten Haushalten, die ihre Konsumausgaben im dritten Quartal kräftig erhöhten. Zuletzt hatte unter anderem ein starker Rückgang der Energiepreise die Haushalte entlastet, während der robuste Arbeitsmarkt nach wie vor die Konsumlaune stützt.
Frankreich überrascht
Für eine positive Überraschung sorgte am Freitag Frankreich, wo hohe Ausgaben der Regierung die zweitgrösste Wirtschaft der Eurozone im dritten Quartal mit einem Wachstum von 0,3 Prozent überraschend stark in Schwung brachten. Dies ist das erste Quartalswachstum in diesem Jahr und zugleich der stärkste Anstieg der Wirtschaftsleistung seit dem zweiten Quartal 2013.
«Frankreichs positive Überraschung verdeutlicht, dass die Stimmung in Frankreich schlechter ist die wirtschaftliche Realität», kommentierten Experten der Privatbank Berenberg. Das Wachstum sei allerdings vor allem vom Konsum, den Ausgaben der Regierung und einem starken Anstieg der Lagerbestände getrieben. Die Entwicklung bei Aussenhandel und Investitionen habe das Wachstum hingegen belastet.
Italien wartet weiter auf Wachstum
Nach der Stabilisierung an der europäischen Peripherie haben sich zuletzt Frankreich und Italien wegen schleppender Strukturreformen und hohen Budgetdefiziten zu den Sorgenkindern der Eurozone entwickelt. Italien wartet bereits seit der ersten Hälfte des Jahres 2011 auf Wachstum. Im dritten Quartal sank die Wirtschaftsleistung erneut um 0,1 Prozent. (awp/mc/upd/pg)