Berlin – Reisende und Pendler wurden am Montagmorgen wegen des Warnstreiks bei der Deutschen Bahn auf eine harte Geduldsprobe gestellt. Viele mussten auf das Auto oder andere Verkehrsmittel ausweichen. Die Bahn stellte den Fernverkehr bundesweit für mehrere Stunden ein. Im Regionalverkehr kam es zu erheblichen Behinderungen, in einzelnen Bundesländern fuhr kaum ein Zug. Auch die Reisezentren wurden bestreikt.
Die Einstellung des Fernverkehrs sollte zunächst bis zum offiziell angekündigten Ende des Ausstands um 9.00 Uhr andauern, wie eine Sprecherin des Konzerns der Deutschen Presse-Agentur sagte. Darüber hinaus werde es aber noch während des gesamten Tages zu massiven Einschränkungen im bundesweiten Fernverkehr kommen, hiess es weiter. Reisen sollten möglichst auf den Dienstag verschoben werden, empfahl die Bahn. Fernverkehrstickets behielten ihre Gültigkeit und könnten bis einschliesslich Sonntag (16.12.) genutzt werden.
Auch Regionalverkehr betroffen
In mehreren Bundesländern war zudem der Regionalverkehr stark von den Streiks betroffen. In Bayern kam der Zugverkehr fast vollständig zum Erliegen. Nur die Stammstrecke der S-Bahn in München sei in Betrieb, sagte eine Bahnsprecherin am Morgen. Auch in Nordrhein-Westfalen stand der Regionalverkehr weitgehend still. Es würden mehr als zwei Dutzend Stellwerke bestreikt, nur in einigen Landesteilen gebe es vereinzelt noch Zugverkehr, sagte ein Bahnsprecher der dpa.
Der Warnstreik der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) traf auch den Südwesten. «Es kommt zu sehr starken Beeinträchtigungen im gesamten Regionalverkehr», sagte eine Sprecherin der Deutschen Bahn. «Im badischen Bereich ist der Regionalverkehr momentan mehr oder weniger eingestellt.»
Auch der Zugverkehr in Hessen wurde weitgehend lahmgelegt. Nur vereinzelt seien Züge gefahren, teilte ein Sprecher der Deutschen Bahn mit. Der Rhein-Main Verkehrsverbund (RMV) hatte schon am frühen Morgen den gesamten Betrieb für die neun S-Bahn-Linien eingestellt. Auch der Betrieb im Frankfurter Hauptbahnhof, einer der wichtigsten Bahnknotenpunkte bundesweit, wurde vorübergehend eingestellt.
In Berlin fährt nur jede dritte S-Bahn
Erhebliche Auswirkungen gab es auf die Berliner S-Bahn. Es gebe hier nur noch etwa ein Drittel des normalen Angebotes, sagte ein Sprecher. «Wir bemühen uns, während des Streiks ein Angebot aufrecht zu erhalten», teilte das Unternehmen mit. Die Fahrgäste in der Hauptstadt wurden aufgefordert, auf U-Bahnen, Strassenbahnen und Busse auszuweichen. Die S-Bahn in Berlin gehört zur Deutschen Bahn.
Im Fernverkehr sollen alle für Montag gekauften Tickets bis zum Sonntag gültig bleiben, wie die Bahn mitteilte. Für bestimmte Spartickets werde zudem die Zugbindung aufgehoben. Im Fall von Reiseabsagen wegen des Warnstreiks sind Erstattungen von Tickets und Reservierungen geplant.
Tarifverhandlungen abgebrochen
Am Samstag waren die Tarifparteien in Hannover ohne Ergebnis auseinandergegangen. Die EVG nannte ein aus ihrer Sicht zu geringes Lohnangebot des Konzerns für rund 160 000 Beschäftigte als Anlass für die Warnstreiks. Die Bahn sprach hingegen von einer «völlig überflüssigen Eskalation».
Zum Tarifangebot gehörten nach Bahn-Angaben eine Entgelt-Erhöhung von insgesamt 5,1 Prozent in zwei Stufen und eine Einmalzahlung von 500 Euro. Anstelle der zweiten Stufe sollte den Mitarbeitern erneut die Möglichkeit eröffnet werden, mehr Freizeit zu wählen. Dies sollte nach Darstellung der EVG aber erst ab Anfang 2021 möglich sein.
Von Freitag auf Samstag hatte die Bahn die ganze Nacht hindurch mit der EVG sowie separat mit der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) verhandelt. Beide Gewerkschaften hatten ursprünglich 7,5 Prozent mehr Geld gefordert. (awp/mc/ps)