München – Die Stimmung in den deutschen Unternehmen ist weiter im Höhenflug und erreicht im Juli den dritten Rekordwert in Folge. Das Geschäftsklima stieg um 0,8 Punkte auf 116,0 Zähler, wie das Münchner Ifo-Institut am Dienstag mitteilte. Bankvolkswirte wurden von dem erneuten Anstieg überrascht. Sie hatten eine Stimmungseintrübung und einen Indexstand von 114,9 Punkten erwartet. Nach der Veröffentlichung der Daten mahnten einige Experten vor einem Dämpfer bei der nächsten Ifo-Umfrage.
Die befragten Unternehmen bewerteten sowohl die aktuelle Geschäftslage als auch ihre Erwartungen für die kommenden sechs Monate besser. Auch im Bauhauptgewerbe ist der Index auf ein neues Rekordniveau gestiegen. Im Vormonat hatte es im Baugewerbe noch einen Dämpfer gegeben.
Ifo-Präsident: Deutsche Wirtschaft steht unter Volldampf
«Die deutsche Wirtschaft steht unter Volldampf», kommentierte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Seit der Wiedervereinigung seien die Unternehmen noch nie zufriedener mit ihrer aktuellen Geschäftslage gewesen.
Die Chefvolkswirtin für Europa des britischen Analysehauses Capital Economics, Jennifer McKeown, kommentierte die starken Ifo-Daten eher zurückhaltend. Der Stimmungsindikator deute zwar darauf hin, dass sich die deutsche Wirtschaft vor dem Hintergrund des starken Euro und erster Hinweise auf eine Eindämmung der Geldflut der Europäischen Zentralbank (EZB) als belastbar erweise.
Volkswirte mahnen zur Vorsicht
Mit einer Reihe von weiteren Bankvolkswirten mahnte aber auch Expertin McKeown zur Vorsicht. Der Chefvolkswirt der VP Bank aus Liechtenstein, Thomas Gitzel, sprach zwar von einer «ausgelassenen Partystimmung in der deutschen Wirtschaft». Allerdings gab er zu bedenken, dass sich der Ifo-Geschäftsklimaindex mit den neuen Daten weiter von der Realität entfernte, denn das Wirtschaftswachstum werde nach Einschätzung von Gitzel im laufenden Jahr keinen Rekord verbuchen.
«Das Ifo-Geschäftsklima ist im Höhenrausch», sagte auch Uwe Burkert, Chefvolkswirt der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Aber auch er stellte sich die Frage, ob der Ifo-Index die tatsächliche Konjunkturlage noch so exakt widerspiegele wie in der Vergangenheit. Zuletzt gab es mehrfach Stimmen, die davor warnten, dass die Stimmungsindikatoren möglicherweise zu hoch gestiegen seien. Die reale Entwicklung der Wirtschaft könnte demnach schwächer verlaufen, als jüngste Stimmungsdaten es erwarten lassen.
Märkte reagieren kaum auf IFO-Daten
«Es könnte also sein, dass dieser Rausch irgendwann in einem Kater endet», warnte Burkert. Ausserdem gab der Experte zu bedenken, dass die Negativ-Schlagzeilen zu möglichen Kartellabsprachen in der deutschen Autoindustrie und der jüngste Höhenflug des Euro noch nicht in der Ifo-Umfrage erfasst wurden. Der Eurokurs war zuletzt auf fast 1,17 US-Dollar gestiegen und damit auf den höchsten Stand seit 2015. Der starke Euro macht deutsche Waren ausserhalb der Eurozone teurer und könnte somit die Exportgeschäfte bremsen.
An den Finanzmärkten sorgten die Ifo-Daten nicht für grössere Kursbewegungen. Der Kurs des Euro konnte nur kurze Zeit etwas zulegen und hielt sich zuletzt wenig verändert.
Das Ifo-Geschäftsklima basiert auf einer Umfrage unter etwa 7000 Unternehmen. (awp/mc/upd/ps)