Deutschland: Steigende Infektionszahlen belasten Ifo-Geschäftsklima
München – Die Stimmung in deutschen Unternehmen hat sich im Oktober wegen steigender Corona-Infektionszahlen eingetrübt. Das Ifo-Geschäftsklima fiel gegenüber dem Vormonat um 0,5 Punkte auf 92,7 Punkte, wie das Ifo-Institut am Montag in München mitteilte. Der Rückgang war stärker als erwartet. Analysten hatten mit einem Rückgang auf 93,0 Punkte gerechnet.
Damit ist die jüngste Erholungsphase des wichtigen Konjunkturindikators zunächst unterbrochen. Zuvor war der Ifo-Index fünf Monate in Folge gestiegen – nach einem drastischen Einbruch im März und April.
«Angesichts steigender Infektionszahlen nehmen die Sorgen der deutschen Wirtschaft zu», kommentierte Ifo-Präsident Clemens Fuest. «Die Unternehmen blicken deutlich skeptischer auf die Entwicklung in den kommenden Monaten». Der entsprechende Indikator für die Erwartungen fiel von 97,4 Punkten im Vormonat auf 95,0 Punkte.
Aktuelle Situation wird besser bewertet
Die Bewertung der aktuelle Situation hat sich allerdings etwas verbessert. Hier stieg der Wert von 89,2 auf 90,3 Punkte. Im verarbeitenden Gewerbe verbesserte sich das Klima insgesamt, während es sich im sowieso schon angeschlagenen Dienstleistungssektor merklich verschlechterte. Der Dienstleistungssektor wäre durch erneute Einschränkungen des öffentlichen Lebens besonders hat getroffen.
Ökonomen zeigen sich für den weiteren Jahresverlauf angesichts der erneuten Zuspitzung der Corona-Krise skeptisch. «Die heutige Veröffentlichung unterstreicht, dass die Zeit positiver konjunkturelle Nachrichten erst einmal vorbei sein dürfte», kommentierte Uwe Burkert, Chefvolkswirt der Landesbank Baden-Württemberg. Der Rückgang sei wohl nur ein Vorgeschmack dafür, was noch bevorstehen könnte, falls der zuletzt explosionsartige Anstieg der Infektionszahlen nicht bald eingedämmt werden könne.
«Trotzdem rechnen wir für das vierte Quartal nicht mit einer zweiten Rezession, weil ein erneuter undifferenzierter Lockdown unwahrscheinlich ist», schreibt Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. «Anders als bei der ersten Corona-Welle dürfte die Regierung ein Dichtmachen der Geschäfte vermeiden wollen.» Einen zweiten undifferenzierten Lockdown könne sich die Regierung gar nicht leisten, so Krämer. Auch in den USA habe eine zweite Corona-Welle nicht zu einer Rezession geführt.
Das Ifo-Geschäftsklima gilt als der wichtigste konjunkturelle Frühindikator Deutschlands. Jeden Monat werden etwa 9000 Unternehmen nach ihrer wirtschaftlichen Einschätzung befragt.
Der Eurokurs weitete seine Verluste aus und fiel auf ein neues Tagestief. Die Aktien- und Anleihemärkte reagierten kaum. (awp/mc/ps)