Deutschland: Inflation sinkt überraschend auf niedrigsten Stand seit 2010

Inflation

(Foto: apops – Fotolia.com)

Wiesbaden – Die Verbraucherpreise in Deutschland sind im Mai schwächer als erwartet gestiegen und haben die Erwartung einer weiteren geldpolitischen Lockerung in der Eurozone untermauert. Die Jahresinflationsrate lag bei 0,9 Prozent, wie das Statistische Bundesamt am Montag nach einer ersten Schätzung mitteilte. Dies ist der niedrigste Stand seit Juni 2010. Im April hatte die Rate noch bei 1,3 Prozent gelegen. Volkswirte hatten für Mai einen Rückgang auf 1,1 Prozent erwartet.

Im Vergleich zum Vormonat fiel das Preisniveau im Mai laut Bundesamt um 0,1 Prozent. Hier hatten Volkswirte mit einem Anstieg um 0,1 Prozent gerechnet. Die endgültigen Ergebnisse für Mai werden am 13. Juni veröffentlicht. Gebremst wurde der Preisauftrieb den Angaben zufolge erneut vor allem durch sinkende Energiepreise. Kraftstoffe und Haushaltsenergie waren um 0,8 Prozent günstiger als vor einem Jahr. Nahrungsmittel verteuerten sich nur noch unterdurchschnittlich um 0,5 Prozent, nachdem sie zuvor lange wichtigster Preistreiber gewesen waren.

Experte: Massive Kalendereffekte und milder Winter drücken Inflation
«Neben massiven Kalendereffekten dürfte der milde Winter für die schwache Inflation verantwortlich sein, der die Nahrungsmittelpreise drückt», so Experte Johannes Werner von der Commerzbank. In den kommenden Monaten dürfte der Kalendereffekt allerdings keine Rolle mehr spielen. Allerdings wird die Inflationsrate nach Einschätzung von Werner auch in den kommenden Monaten niedrig bleiben.

Der für europäische Zwecke berechnete Harmonisierte Verbraucherpreisindex HVPI stieg im Mai laut Bundesamt um 0,6 Prozent zum Vorjahr. Ökonomen hatten hier eine Rate von 1,0 Prozent erwartet. Im Vergleich zum Vormonat fiel der HVPI um 0,3 Prozent. Der Index ist für die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) massgeblich. Am Dienstag werden die Daten zur Entwicklung der Verbraucherpreise für die gesamte Eurozone veröffentlicht.

Markt rechnet fest mit geldpolitischer Lockerung
Die EZB strebt für den gesamten Währungsraum eine Inflationsrate von knapp zwei Prozent an, weil sie bei diesem Niveau von Preisstabilität ausgeht. Der überraschend starke Rückgang der Inflation in der grössten Volkswirtschaft der Eurozone stützt Spekulationen auf eine zusätzliche geldpolitische Lockerung durch die EZB. Der Markt rechnet am Donnerstag fest mit einer weiteren Zinssenkung. Ausserdem wird auf einen erstmals negativen Zins auf Einlagen der Geschäftsbanken bei der EZB und auf ein weiteres langfristiges Kreditgeschäft der Notenbank mit den Banken unter bestimmten Bedingungen spekuliert.

Der Kurs des Euro blieb nach Veröffentlichung der deutschen Inflationsdaten unter Verkaufsdruck und hielt sich knapp über der Marke von 1,36 US-Dollar. (awp/mc/ps)

 

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