Deutschland: ZEW-Erwartungen fallen erneut – Tiefstand seit 2008
Mannheim – Wegen der Angst vor Energieengpässen haben sich die Konjunkturerwartungen deutscher Finanzexperten stärker eingetrübt als erwartet. Das Stimmungsbarometer des Mannheimer Forschungsinstituts ZEW fiel im September gegenüber dem Vormonat um 6,6 Punkte auf minus 61,9 Zähler, wie das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) am Dienstag in Mannheim mitteilte. Dies ist der niedrigste Stand seit Oktober 2008. Analysten hatten lediglich mit einem Rückgang auf minus 59,5 Punkte gerechnet.
Auch die Bewertung der Konjunkturlage ging weiter zurück. Sie fiel um 12,9 Punkte auf minus 60,5 Zähler. Volkswirte hatten hier mit minus 52,1 Punkten gerechnet.
«Die Aussicht auf Energieengpässe im Winter lässt die Erwartungen für grosse Teile der deutschen Industrie noch negativer werden», kommentiert ZEW-Präsident Achim Wambach. Hinzu komme die Erwartung einer sich abkühlenden chinesischen Wirtschaft. «Bereits die aktuellen statistischen Zahlen zeigen einen Rückgang von Auftragseingängen, Produktion und Exporten.»
Auch für die Eurozone schrauben die befragten Finanzexperten ihre Erwartungen nach unten. Hier fiel das Barometer um 5,8 Punkte auf minus 60,7 Zähler. Noch düsterer fiel das Urteil zur aktuellen konjunkturellen Lage aus: Die Einschätzung brach um 16,9 Punkte auf minus 58,9 Punkte ein.
«Vor allem mittelständische Betriebe ächzen unter den massiv gestiegenen Strom- und Gaspreisen», schrieb Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. Zum dritten Mal infolge lägen die Erwartungen tiefer als beim Corona-Schock im März 2020. Die Pandemie habe keine ganzen Geschäftsmodelle in Frage gestellt, schreibt der Experte. Das sei nun anders, weil die Energiepreise auch auf Dauer hoch bleiben dürften. «Die Tragweite dessen, was wir gerade sehen, ist also wesentlich weitreichender verglichen mit der Corona-Pandemie.»
An den Märkten sorgte die Nachricht für wenig Bewegung: Sowohl der Dax als auch der Eurokurs zeigten sich weithin unbewegt. (awp/mc/ps)