Mannheim – Die politische Lage in Italien und der von den USA ausgehende Handelsstreit haben die Stimmung deutscher Finanzexperten im Juni belastet. Wie das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) am Dienstag mitteilte, gingen die Konjunkturerwartungen um 7,9 Punkte auf minus 16,1 Zähler zurück. Das ist der niedrigste Stand seit September 2012. Analysten hatten einen Rückgang auf minus 14,0 Punkte erwartet.
Die Bewertung der aktuellen Lage ging ebenfalls zurück. Sie fiel um 6,8 Punkte auf 80,6 Zähler. Auch hier hatten Analysten einen geringeren Rückgang auf 85,0 Punkte erwartet. ZEW-Präsident Achim Wambach erklärte die Eintrübung mit der Eskalation des Handelskonflikts mit den USA und Sorgen mit der Politik der neuen italienischen Regierung. Hinzu kämen schwache Konjunkturdaten aus Deutschland.
Die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) interpretierte die Eintrübung als Bestätigung eines schwächer erwarteten Wachstums der deutschen Wirtschaft. «Die Hinweise auf ein verlangsamtes Wachstum verdichten sich», kommentierte Helaba-Experte Ulrich Wortberg. In den vergangenen Wochen hatten zahlreiche Konjunkturdaten für Enttäuschung gesorgt und den Wachstumsausblick für die deutsche Wirtschaft belastet.
Italien sorgt für Verunsicherung
«Die politischen Querelen um die italienische Regierungsbildung und die Furcht vor einem Anti-EU-Kurs in Rom sorgen für Verunsicherung», schrieb Thomas Gitzel, Chefökonom der Liechtensteiner VP Bank, in einem Kommentar. Zudem verwies er auf die Prüfung von Importzöllen auf Autos durch die US-Regierung. «Damit nehmen die Sorgen um einen Handelskrieg zu.»
Dagegen betonte das britische Analysehaus Capital Economics die begrenzte Aussagekraft des ZEW-Indikators für die konjunkturelle Entwicklung. Auf den ersten Blick deute die Stimmungseintrübung darauf hin, dass sich das deutsche Wachstum merklich abschwäche und sogar eine Rezession denkbar sei. Allerdings sei die Prognosekraft des Indikators für das Wirtschaftswachstum schwach und lasse keine eindeutigen Rückschlüsse auf die tatsächliche Wirtschaftsentwicklung zu.
In der Eurozone fiel die Entwicklung noch schlechter aus als in Deutschland. Die Konjunkturerwartungen fielen um 15,0 auf minus 12,6 Punkte, die Lagebewertung ging um 16,2 auf 39,9 Zähler herunter. Die Verschlechterung gehe erheblich auf eine deutlich pessimistischere Einschätzung zur italienischen Konjunktur zurück, erklärte das ZEW. Die Indikatorwerte für Italien gingen deutlich zurück.
An der aktuellen Umfrage des ZEW haben sich vom 28. Mai bis zum 11. Juni 207 Analysten und professionelle Anleger beteiligt. (awp/mc/ps)