Mannheim – Die Konjunkturerwartungen von Finanzexperten in Deutschland haben sich erneut deutlich eingetrübt. Das Stimmungsbarometer des Mannheimer Forschungsinstituts ZEW fiel im April gegenüber dem Vormonat um 8,9 Punkte auf 4,1 Punkte, wie das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) am Dienstag in Mannheim mitteilte. Analysten hatten hingegen mit einem Anstieg auf 15,6 Punkte gerechnet. Bereits im März war der Index nach fünf Anstiegen in Folge eingebrochen.
Die Finanzmarktexperten seien weiterhin verunsichert, schrieb ZEW-Präsident Achim Wambach. Die Konjunkturerwartungen signalisierten eine unveränderte konjunkturelle Lage auf Sicht von sechs Monaten. Sie werden dabei laut Wambach von mehreren Faktoren negativ beeinflusst: «Zum einen erwarten die Expertinnen und Experten eine vorsichtigere Kreditvergabepraxis der Banken. Zum anderen belasten die immer noch hohen Inflationsraten und die international restriktive Geldpolitik.»
Positiv ist Wambach zufolge, dass die Gefahr einer akuten Krise auf den internationalen Finanzmärkten nicht mehr gesehen werde: «Die Ertragsaussichten für Banken und Versicherungsunternehmen haben sich gegenüber dem Vormonat verbessert und liegen wieder deutlich im positiven Bereich.»
«Rezessionsszenario noch nicht vom Tisch»
Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank, kommentierte: «Die Wachstumsaussichten trüben sich nach dem kräftigen Anstieg in den Herbst- und Wintermonaten bereits wieder ein.» Das Rezessionsszenario sei noch nicht vom Tisch.
Gitzel bleibt vor diesem Hintergrund vorsichtig. Gegen ein kräftiges Anziehen der Wachstumsraten spreche der angeschlagene private Konsum, der durch die hohen Inflationsraten beastet werde. Und auch die schwache Bauwirtschaft werde noch geraume Zeit auf der konjunkturellen Entwicklung lasten. Der Experte wies darauf hin, dass die Baugenehmigungen hierzulande im Februar um gut 20 Prozent gesunken waren.
Die Bewertung der Konjunkturlage indes verbesserte sich von geringem Niveau aus spürbar. Sie stieg um 14,0 Punkte auf minus 32,5 Punkte. Hier waren lediglich minus 40,0 Punkte erwartet worden.
In der Eurozone zeigte sich ein ähnliches Bild. Auch dort verschlechterten sich die Konjunkturerwartungen. Sie sanken im April um 3,6 Punkte auf 6,4 Punkte. Der Lageindikator hingegen stieg um 14,4 Punkte auf minus 30,2 Punkte.
An den Finanzmärkten reagierten die Börsen moderat positiv auf die Daten und bauten ihre Tagesgewinne etwas aus. Der Euro hingegen reagierte zum US-Dollar kaum und zeigte sich deutlich erholt von seinen Vortagesverlusten. Am Anleihemarkt gaben die Renditen zuletzt etwas nach. (awp/mc/ps)