Peking – Chinas Wirtschaft verliert schon vor möglichen weiteren Zöllen für Exporte in die USA an Dynamik. Im Mai legten der Einzelhandel, die Industrieproduktion und die Investitionen nicht mehr so stark zu wie zuletzt, wie die Regierung am Donnerstag in Peking mitteilte. Die Zuwächse fielen zudem geringer aus als Experten erwartet hatten. Damit zeichnet sich ab, dass sich die Versuche der Regierung, die Verschuldung bei Staatsfirmen und Provinzen sowie die Risiken im Finanzsektor einzudämmen, stärker auf das Wachstum auswirken.
In den ersten Monaten des Jahres wuchs die chinesische Wirtschaft trotz der Massnahmen der Regierung noch dynamischer als erwartet. Da sich jetzt ein schwächeres Bild abzeichnete, verzichtete die chinesische Notenbank dieses Mal auch darauf, nach einer US-Leitzinserhöhung ebenfalls etwas am Leitzins zu verändern. Chinas Währungshüter hatten zuletzt nach Zinserhöhungen der Fed oft ebenfalls die Zügel etwas angezogen, damit der Zinsabstand zwischen den beiden grössten Volkswirtschaften der Welt nicht zu gross wird.
Industrieproduktion im Mai 6,8% im Plus
Die Industrieproduktion legte im Mai im Vergleich zum Vorjahr nur noch um 6,8 Prozent zu. Von Bloomberg befragte Experten hatten damit gerechnet, dass sie wie zuletzt um 7 Prozent anzieht. Noch schlechter sah es im Einzelhandel aus. Dort legte der Umsatz im Mai nur noch um 8,5 Prozent zu. Hier hatten Analysten sogar damit gerechnet, dass er nach den schon vergleichsweise schwachen 9,4 Prozent im April wieder anziehen kann. Der Einzelhandel legte in vergangenen Jahren meist zweistellig zu.
Der Anstieg bei den Sachinvestitionen fiel zudem so schwach aus wie seit mindestens Ende der Neunziger Jahre nicht mehr. In den ersten fünf Monaten zogen sie um 6,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr an, nachdem sie bis Ende April noch um 7 Prozent gestiegen waren. Hier hatten Experten damit gerechnet, dass die Wachstumsraten gehalten werden können. Mit den schwachen Mai-Daten zeichnet sich ab, dass Chinas Wirtschaft im zweiten Quartal an Fahrt verloren hat.
In den ersten drei Monaten des Jahres ist die Wirtschaft des Landes im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 6,8 Prozent gewachsen. Damit liegt das Wachstum bislang über dem Jahresziel der Regierung, das mit «rund 6,5 Prozent» angegeben wird. (awp/mc/pg)