Wiesbaden – Der deutsche Konjunkturmotor brummt. Im November habe die Gesamtproduktion zugelegt und die Exporte seien so stark gestiegen wie seit über viereinhalb Jahren nicht mehr, teilte das Statistische Bundesamt am Montag in Wiesbaden mit. Die Konjunktur habe zuletzt Fahrt aufgenommen, sagen Experten. Erste Folgen des Brexit hätten sich aber dennoch bemerkbar gemacht. Zudem lauern 2017 weitere Risiken – die deutsche Wirtschaft könne daher derzeit jeden Rückenwind gut gebrauchen.
Für eine positive Überraschung sorgte die Exportentwicklung: Die Ausfuhren legten kalender- und saisonbereinigt gegenüber dem Vormonat um 3,9 Prozent zu. Das war der stärkste Anstieg seit Mai 2012. Volkswirte hatten lediglich mit einem Plus von 0,5 Prozent gerechnet. Im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresmonat stiegen die Exporte um 5,6 Prozent. Damit sind einmal mehr Rekordwerte erreicht. «Deutschland hat noch nie Waren in so hohem Wert in einem Monat exportiert und importiert wie im November 2016», kommentiert Stefan Kipar, Experte bei der Bayern LB.
Erste Auswirkungen des Brexit-Votums
Dennoch hätten sich auch erste Auswirkungen des anstehenden Austritts Grossbritanniens aus der Europäischen Union gezeigt, so der Analyst. «Am wenigsten positiv entwickelten sich die Exporte in EU-Länder die nicht dem Euro angehören. Hier entfaltet das Brexit-Referendum wohl erste negative Auswirkungen.» Eine genauere Aufschlüsselung nach Ländern wird erst in einem Monat veröffentlicht. Im Oktober lagen die deutschen Exporte nach Grossbritannien laut Kipar aber bereits um 15 Prozent unter ihrem Vorjahreswert.
Die gesamten Einfuhren legten im November stärker als erwartet zu. Sie stiegen um 3,5 Prozent zum Vormonat. Hier war ein Anstieg von 1,1 Prozent erwartet worden. Gegenüber dem Vorjahreswert stiegen die Importe um 4,5 Prozent.
Industrieproduktion legt 0,4% zu
Eine robuste Entwicklung gab es unterdessen auch bei der gesamten Produktion im Verarbeitenden Gewerbe. Sie hat im November um 0,4 Prozent gegenüber dem Vormonat zugelegt. Volkswirte hatten allerdings mit einem stärkeren Anstieg um 0,6 Prozent gerechnet. Im Oktober war die Produktion noch um revidierte 0,5 Prozent gestiegen. Zunächst war hier ein Zuwachs von 0,3 Prozent ermittelt worden.
Die enger gefasste Industrieproduktion stieg im November um 0,4 Prozent gegenüber dem Vormonat. Die Fertigung von Konsum- und Vorleistungsgütern legte zu. Bei den Investitionsgütern ging die Produktion dagegen leicht zurück, was allerdings auf einen deutlichen Anstieg im Vormonat Oktober folgt. Ausserhalb der Industrie lag die Energieerzeugung im November um 0,4 Prozent niedriger als im Vormonat. Gestützt wurde der Gesamtwert hingegen durch die Bauproduktion, die um 1,5 Prozent zulegte.
Andreas Rees, Deutschland-Chefvolkswirt bei der Bank Unicredit, geht auch weiterhin von einer positiven Entwicklung bei der Produktion und bei den Exporten aus. Es gebe eine substanzielle Überschussnachfrage, die noch abgebaut werden müsse. «Ein weiterer Anstieg der Industrieproduktion und der Exporte ist daher – abgesehen von möglichen Schwankungen in den Monatsdaten – eine ausgemachte Sache.»
Insgesamt dürfte die Konjunktur das Jahr 2016 solide beendet haben und die Voraussetzungen für einen guten Start ins neue Jahr seien gegeben, schreibt Experte Kipar. Angesichts der zahlreichen politischen Risiken – Brexit sowie Wahlen in Deutschland und Frankreich – könne die deutsche Wirtschaft 2017 allerdings «auch jeden Rückenwind gut gebrauchen». (awp/mc/pg)