Die EU will sich zusammenraufen

Obligates Gipfelfoto.

Valletta – Nach dem Brexit-Schock und dem Kurswechsel in den USA versucht die Europäische Union, sich zusammenzuraufen und ihre gemeinsame Zukunft zu skizzieren. Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach von einem «Geist der Gemeinsamkeit» beim EU-Gipfel am Freitag auf Malta. In der Flüchtlingspolitik trafen die EU-Partner konkrete Beschlüsse: Sie vereinbarten einen Zehn-Punkte-Plan, um die Überfahrten von Zehntausenden Migranten von Nordafrika nach Italien zu stoppen.

Den Plan billigten alle EU-Partner gemeinsam mit Grossbritannien. Am Abend berieten die bleibenden 27 Staaten dann aber ohne die britische Premierministerin Theresa May über die Zukunft der Gemeinschaft nach dem Brexit. Bis zum 60. Jahrestag der Römischen Verträge am 25. März soll eine gemeinsame Linie stehen.

Es gehe darum, wie sich die EU in den nächsten zehn Jahren weiterentwickele, sagte Merkel. «Wir wollen auch darstellen, wo wir unsere Rolle in der Welt sehen.» Die Frage sei, welchen Beitrag Europa für die Globalisierung leisten wolle, welchen Bündnissen es angehören wolle und welche Art der multilateralen Zusammenarbeit angestrebt werde.

Merkel bekräftigte ihre Ansicht, dass ein «Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten» sinnvoll sei. Gemeint ist, dass bestimmte Länder bei bestimmten Fragen enger zusammenarbeiten, wenn nicht alle mitziehen wollen. Das gilt zum Beispiel schon beim Euro, den nicht alle EU-Staaten nutzen.

Zehn-Punkte-Plan
Der einzig greifbare Beschluss des Gipfels war der Zehn-Punkte-Plan. Kernpunkt ist eine engere Zusammenarbeit der EU mit Libyen, weil dort von Schleppern organisierte Flüchtlingsfahrten über die zentrale Mittelmeerroute losfahren. Die EU will die libysche Küstenwache so stärken, dass sie Flüchtlingsboote schon kurz nach dem Start stoppt und die Menschen zurück nach Libyen bringt. Hilfsorganisationen kritisieren dies scharf. Denn in dem Bürgerkriegsland herrschen politisches Chaos und Gewalt.

Merkel betonte, auch die Bekämpfung der Fluchtursachen nehme konkretere Formen an. Wie beim Flüchtlingspakt mit der Türkei setze man auf Migrationspartnerschaften und Kooperation mit Anrainerstaaten. Die Stabilisierung Libyens sei eine wichtige Aufgabe. Italiens Regierungschef Paolo Gentiloni dämpfte aber Hoffnungen auf eine rasche Lösung. «Wunder kann man nicht vollbringen.»

Obwohl der Regierungswechsel in den USA offiziell kein Thema auf dem Gipfel war, gingen etliche der EU-Politiker offen auf Distanz zum neuen Präsidenten Donald Trump. Frankreichs Präsident François Hollande pochte auf Eigenständigkeit Europas: «Es ist nicht hinnehmbar, dass durch Erklärungen des US-Präsidenten Druck aufgebaut wird, was Europa sein soll oder nicht mehr sein soll.»

Maltas Regierungschef Joseph Muscat sagte, es gebe keinen Anti-Amerikanismus, aber: «Wir können nicht still bleiben, wenn es um unsere Prinzipien geht, wir werden Klartext reden.» Ratspräsident Donald Tusk betonte, umso wichtiger sei die europäische Zusammenarbeit. «Heute haben wir keine andere Option, als wieder Vertrauen in unsere eigene Stärke zu gewinnen.» (awp/mc/ps)

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