Die Kinder müssen bis zum Mond fliegen, mindestens
Bildung hat in China einen enormen Stellenwert: Mittelschichtfamilien etwa tun alles, um den Nachwuchs zu fördern. Das hat Folgen – für Kinder, Eltern, die Gesellschaft.
Ein Witz ging zuletzt in den sozialen Medien in China herum, er geht so: Die chinesische Regierung möchte binnen drei Monaten Astronauten zum Mond schicken, aber das Ministerium für Luftfahrtindustrie hat noch Probleme mit der Technologie. Das Bildungsministerium erklärt sich bereit, die Aufgabe zu übernehmen. Es lässt die Probleme zur Lösung als Hausaufgabe an alle chinesischen Schulen verteilen. Drei Monate später fliegen tausend chinesische Eltern zum Mond.
Viele chinesische Mittelschichtseltern lachen bei diesem Witz bittere Tränen, weil er die an sie gestellten Anforderungen durch das Erziehungssystem so akkurat trifft. Längst gibt es einen scharfen Wettbewerb zwischen den Familien, die unvorstellbare Mengen an Ressourcen, Zeit, Energie und geistiger Anstrengung aufbringen sollen, um ihre Kinder zu bestmöglichen im Sinne des Staates zu machen. Doch am Ende müssen alle das Ergebnis akzeptieren, das die weit geöffnete Einkommensschere und die Machtstruktur in China produziert: Die Elite und ein paar wenige Glückliche mit genug Talent erreichen für ihre Kinder den Mond. Die meisten können es nicht.