Rom – Italiens neuer Ministerpräsident Mario Draghi geht mit zwei klaren Vertrauensvoten aus beiden Parlamentskammern in seine erste Amtszeit. In der Abgeordnetenkammer stimmten am Donnerstagabend 535 Politiker für Draghis Kabinett, es gab 56 Nein-Stimmen, wie die Kammer mitteilte. Mit der deutlichen Zustimmung der grösseren von zwei Parlamentskammern nahm der frühere Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) die letzte formale Hürde für seine Regierung in Rom. Damit endet eine politische Krise, die Italien mitten in der Corona-Pandemie über Wochen blockiert hatte.
Im kleineren Senat hatte sich der 73-jährige Draghi bereits am Mittwoch eine solide Mehrheit gesichert: Er erhielt dort 262 Ja-Stimmen. 40 Senatoren und Senatorinnen votierten gegen seine neue Regierung, in der fast alle Parteien von rechts bis links vertreten. Nur die rechtsextremen Fratelli d’Italia (Brüder Italiens) haben eine scharfe Opposition angekündigt.
Nächste reguläre Parlamentswahlen 2023
Draghis neue Allianz ist bereits die dritte Regierung der aktuellen Legislaturperiode. Die nächsten regulären Parlamentswahlen in dem 60-Millionen-Einwohner-Land sind für 2023 geplant. Das heisst: Der langjährige Währungshüter hat mit seinem Team nicht besonders viel Zeit, um die von ihm angepeilten, anspruchsvollen Reformprojekte umzusetzen. Im Zentrum der nächsten Monate dürfte der Kampf gegen die Corona-Krise angesichts der auch in Italien verbreiteten Virusvarianten stehen. Ausserdem brach die Wirtschaftskraft in dem Mittelmeerland 2020 stärker ein als zum Beispiel in Deutschland.
Draghi wirbt für Einheit im Kampf gegen Corona
Der Neu-Politiker Draghi hatte am Mittwoch im Senat erstmals seine politische Agenda vorgestellt. Am Donnerstag sprach er nur kurz zu den Abgeordneten der Kammer. Draghi warb mehrfach um die Unterstützung der Volksvertreter und forderte die Einheit im Kampf gegen die Corona-Pandemie. Draghi hatte im Senat eine schnellere Impfkampagne angekündigt. Er plant zudem Reformen in der Wirtschaft, der Verwaltung und im Steuersystem. Priorität hat nach seinen Worten zunächst das Aufstellen eines verlässlichen Plans, um Italien die rund 209 Milliarden Euro aus dem EU-Wiederaufbaufonds aus Brüssel zu sichern.
Am vergangenen Samstag hatte Staatschef Sergio Mattarella den Ökonomen und sein Kabinett aus Berufspolitikern sowie parteilosen Experten vereidigt. Die Vorgängerregierung unter Ministerpräsident Giuseppe Conte hatte Mitte Januar im Streit um die EU-Hilfen ihre Mehrheit verloren. Conte trat wenig später zurück. (awp/mc/pg)