EADS-Chef Louis Gallois.
Paris – Der Luftfahrt- und Rüstungskonzern EADS muss bei seinem Hoffnungsträger Airbus A350 eine teure Verspätung eingestehen. Wegen Engpässen bei Kohlefaser-Teilen soll das erste Exemplar des Langstreckenfliegers statt Ende 2013 nun spätestens Mitte 2014 ausgeliefert werden. Im dritten Quartal verbuchte EADS dafür eine Sonderbelastung von 200 Millionen Euro, verdiente allerdings weit mehr als von Analysten erwartet. Zudem kann sich Airbus vor Bestellungen kaum retten: Insgesamt erwartet der Flugzeugbauer in diesem Jahr nun Aufträge für 1.500 Maschinen, fast das Dreifache der Jahresproduktion.
Die EADS-Aktie reagierte mit einem Freudensprung auf die Nachrichten. An der Pariser Börse legte das Papier in der zwei Handelsstunden um knapp 6 Prozent und war damit der zweitstärkste Wert im Index CAC-40, der knapp ein Prozent im PLus lag.
Staat steigt ein
Eine Änderung bahnt sich bei der Aktionärsstruktur an. Ein milliardenschweres Aktienpaket dürfte ausserbörslich den Besitzer wechseln: Deutschland will vom Autobauer Daimler 7,5 Prozent der EADS-Anteile übernehmen, wie am Mittwoch aus Regierungskreisen verlautete. Gehalten werden soll die Beteiligung von der Staatsbank KfW. Der Marktwert der Papiere liegt bei 1,2 bis 1,3 Milliarden Euro. EADS-Finanzchef Hans Peter Ring äusserte sich vorsichtig zu den Plänen: «Es ist schwer vorherzusagen, ob das eine gute Lösung ist.» Deutschland will mit seinem Einstieg seine Interessen bei dem Konzern sichern und die Balance mit den französischen Anteilseignern aufrechterhalten.
Geschäft brummt
Das Geschäft des Luftfahrt- und Rüstungskonzerns brummt unterdessen weiter. Obwohl Umsatz und operativer Gewinn im dritten Quartal zurückgingen, schraubte das Management um EADS-Chef Louis Gallois am Donnerstag die Prognosen herauf. Der Umsatz von zuletzt 45,8 Milliarden Euro soll in diesem Jahr um mehr vier Prozent steigen. Der operative Gewinn vor Einmaleffekten soll mit 1,45 Milliarden Euro nun doch über dem Vorjahreswert von 1,3 Milliarden liegen. Ob der Nettogewinn steigt, hängt allerdings von den Wechselkursen zwischen Euro und Dollar ab. 2010 hatte EADS unter dem Strich 553 Millionen Euro verdient.
Mehr Umsatz und Gewinn
Zwischen Januar und September kam EADS nun auf einen Umsatz von 32,7 Milliarden Euro, rund vier Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Der Gewinn vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen auf Unternehmenswerte und ausserordentlichen Posten – den der Konzern als EBIT bezeichnet – legte trotz eines schwachen Sommerquartals um 13 Prozent auf 885 Millionen Euro zu. Der Überschuss konnte sich auf 421 Millionen Euro mehr als verdoppeln. Dabei kam EADS ein Sonderertrag aus der Einstellung des Langstreckenfliegers A340 zugute.
Kassenschlager A320
Die spritsparende Neuauflage des Kassenschlager A320 bescherte der wichtigsten Konzerntochter Airbus einen wahren Auftragsboom. In den ersten neun Monaten gingen konzernweit Aufträge für 94 Milliarden Euro ein, fast zwei Drittel mehr als ein Jahr zuvor. Alleine Airbus sammelte Bestellungen für 1.038 Verkehrsflieger ein.
A350 kommt später
Bei der Entwicklung des Langstreckenjets A350 knirscht es allerdings. «Es geht in vielen Bereichen gut voran, aber es gibt Engpässe bei einigen Teilen», sagte EADS-Finanzchef Ring. Ähnlich wie Konkurrent Boeing bei seinem «Dreamliner» setzt Airbus bei der A350 auf Rumpfteile aus Kohlefaser-Verbundstoffen. Boeing hatte sich bei der Entwicklung wegen Produktions- und Qualitätsproblemen mehr als drei Jahre Verspätung und milliardenschwere Mehrkosten eingefangen. Airbus soll dies nicht passieren. «Ein reifes Produkt ist wichtiger, als den Zeitplan einzuhalten», sagte Ring. Die Mehrkosten von 200 Millionen Euro ergäben sich aus den Verträgen mit den Fluggesellschaften, die den Flieger bestellt haben und nun länger warten müssten.
EADS hofft auf Eurofighter-Bestellung aus der Schweiz
Aufwärts ging es neben Airbus auch für die Konzerntöchter Eurocopter und Astrium. Der Hubschrauber-Hersteller und die Raumfahrt-Sparte verdienten zwischen Januar und September bei höheren Umsätzen mehr als ein Jahr zuvor. Abwärts zeigte die Entwicklung bei der Rüstungssparte Cassidian, die unter den Kürzungen in den europäischen Verteidigungsbudgets zu leiden hat. EADS setzt unterdessen weiter darauf, den Eurofighter in hundertfacher Ausführung ausserhalb der EU zu verkaufen. «Wir sind zuversichtlich, dass sich die Schweiz und Indien für den Eurofighter entscheiden», sagte Ring. (awp/mc/upd/ps)