Ende der Regierungskrise in Spanien

Ende der Regierungskrise in Spanien
Spaniens abgewählter Ministerpräsident Mariano Rajoy. (Foto: © Gobierno de España / Pool Moncloa)

Madrid – In Spanien geht die Regierungskrise nach gut zehn Monaten zu Ende. Die Sozialistische Arbeiterpartei (PSOE) beschloss am Sonntag, eine Minderheitsregierung des konservativen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy nach langem Widerstand doch zu dulden. Bei der Abstimmmung des Bundeskomitees in Madrid votierten 139 Mitglieder dafür, 96 dagegen, wie die PSOE mitteilte. Das Parlament wird nun vor Ablauf der Frist am 31. Oktober eine Abstimmung über die Regierungsbildung ansetzen. Dabei wollen sich die Sozialisten der Stimme enthalten.

Die viertgrösste Volkswirtschaft der Eurozone hat seit der Wahl vom 20. Dezember 2015 wegen einer Pattsituation keine reguläre Regierung. Der seit Dezember 2011 regierende Rajoy ist seitdem nur noch geschäftsführend im Amt. Bei der Neuwahl am 26. Juni hatte sich seine Volkspartei (PP) als stärkste Kraft behauptet, die im Dezember verlorene absolute Mehrheit aber erneut deutlich verpasst.

Einigung nach Sánchez-Abgang
PSOE-Chef Pedro Sánchez war es, der lange Zeit eine weitere Amtszeit Rajoys blockiert hatte. Nach zunehmender interner Kritik war er aber am 1. Oktober zurückgetreten. Bei der Abstimmung des Bundeskomitees der Sozialisten setzten sich die Befürworter einer Tolerierung der konservativen Minderheitsregierung am Sonntag klar durch. Vor der Abstimmung hatte es allerdings heftige Debatten gegeben. Hunderte PSOE-Mitglieder hatten zudem am Samstag vor der Partei-Zentrale gegen die Duldung Rajoys protestiert.

Kritik von Podemos
Der Chef der linken Protestpartei Podemos (Wir Können), Pablo Iglesias, kritisierte die Sozialisten und meinte, in Madrid sei nun de facto «eine grosse Koalition» entstanden. Der Präsident des Interimsvorstands der Sozialisten, Javier Fernández, wies derweil alle Kritik zurück und versicherte, die Duldung der konservativen Regierung bedeute nicht, dass man diese unterstützen werde. «Die PSOE führt die Opposition an, und das wird so bleiben», beteuerte Fernández. Vor der Abstimmung hatte er gesagt, es gehe für die Sozialisten darum, «das kleinere Übel zu wählen». Eine schwache konservative Regierung sei besser als eine Neuwahl im Dezember, bei der die PP nach Umfragen deutlich zulegen würde.

Die Zeit hatte gedrängt. Wenn sich die Parteien bis zum 31. Oktober nicht auf einen Regierungschef geeinigt hätten, hätte König Felipe VI. das Parlament auflösen und die Bürger zum dritten Mal innerhalb eines Jahres an die Urnen rufen müssen. Der Monarch will am Montag und Dienstag mit den Parteichefs eine neue Runde von Konsultationen über die Regierungsbildung abhalten.

Es gilt nun als sicher, dass Felipe Rajoy nach den Gesprächen für das Amt des Regierungschefs vorschlagen wird. Danach wird das Parlament die Termine für die beiden Abstimmungsrunden festlegen. Da im ersten Wahlgang eine absolute Mehrheit von Ja-Stimmen nötig ist, die für Rajoy unerreichbar bleibt, wird die Minderheitsregierung des 61-Jährigen aller Wahrscheinlichkeit nach erst 48 Stunden später nach der zweiten parlamentarischen Abstimmung stehen. (awp/mc/pg)

Schreibe einen Kommentar