Trotz Kritik und Abkehr: Super League will Pläne nicht aufgeben
London – Die Pläne von zwölf europäischen Fussball-Topclubs für eine Super League sind zumindest fürs Erste krachend gescheitert – trotz des Rückzugs der sechs englischen Vereine wollen die Macher ihr umstrittenes Milliarden-Projekt aber offenbar durchziehen. «Wir schlagen einen neuen europäischen Wettbewerb vor, weil das bestehende System nicht funktioniert», heisst es in einem am Mittwoch verbreiteten Statement. Ungeachtet des angekündigten Ausscheidens der Premier-League-Vereine «sind wir überzeugt, dass unser Vorschlag vollständig mit den europäischen Gesetzen und Vorschriften in Einklang steht», wird darin betont.
«Angesichts der aktuellen Umstände werden wir die am besten geeigneten Schritte zur Neugestaltung des Projekts überdenken und dabei stets unser Ziel im Sinn haben, den Fans die bestmögliche Erfahrung zu ermöglichen und dabei die Solidaritätszahlungen für die gesamte Fussballgemeinschaft zu erhöhen», wird in dem Statement betont. Die Super League sei davon «überzeugt, dass sich der aktuelle Status quo des europäischen Fussballs ändern muss».
Reihen der Rebellen gelichtet
Zuvor hatten sich die Reihen der Rebellen gelichtet. Als erster der Initiatoren hatte Manchester City am Dienstagabend seine Teilnahme wieder abgesagt. Dem folgten die anderen fünf englischen Mitgründer FC Liverpool, Manchester United, FC Arsenal, Tottenham Hotspur und FC Chelsea. In Spanien sollen laut Medienberichten der FC Barcelona und Atletico Madrid diesen Schritt gehen wollen.
«Wir haben einen Fehler gemacht und wir entschuldigen uns dafür», hiess es in einem Tweet des FC Arsenal. Der FC Chelsea schrieb: «Nachdem wir uns der Gruppe Ende letzter Woche angeschlossen haben, hatten wir jetzt Zeit, uns eingehend mit der Angelegenheit zu befassen und wir haben entschieden, dass unsere fortgesetzte Teilnahme an diesen Plänen nicht im besten Interesse des Clubs, unserer Fans und der breiteren Fussballgemeinschaft ist.»
Zwölf europäische Spitzenclubs, darunter neben City und Chelsea der FC Liverpool, Real Madrid und Juventus Turin, hatten in der Nacht zum Montag die Gründung einer milliardenschweren Super League angekündigt. Diese stünde in direkter Konkurrenz zur Champions League der Europäischen Fussball-Union UEFA. Aus der Bundesliga hatte sich kein Club der Super League angeschlossen, auch Frankreichs Serienmeister Paris Saint-Germain hatte eine Teilnahme abgelehnt. Finanziert werden sollte das Projekt durch eine US-Grossbank.
Politik mischt sich ein
In England, der Heimat der Hälfte der zwölf Gründerclubs, drohte Premierminister Boris Johnson mit scharfen Sanktionen. Er kündigte in der «Sun» an, dem «lächerlichen» Milliardenprojekt die Rote Karte zu zeigen. Sein Sportminister Oliver Dowden stellte im Parlament drastische Ideen vor, um die «Big Six», die englischen Spitzenvereine, von einer Teilnahme abzuhalten. Sogar Prinz William – Präsident des nationalen Verbandes FA – mischte sich ein.
Auch nationale Verbände und viele andere Clubs kritisierten die Pläne massiv. Die UEFA um ihren Präsidenten Aleksander Ceferin hatte die Initiatoren der Super League scharf attackiert und mit harten Sanktionen gedroht. Die Clubs sollten aus der Champions League ausgeschlossen werden, ihren Nationalspielern drohte eine Sperre für die Europameisterschaft im Sommer.
Dem europäischen Club-Fussball drohte eine Schlammschlacht vor Gericht, möglicherweise schon vor dem Halbfinale der aktuellen Champions-League-Saison Anfang Mai. Diese Gefahr scheint nun gebannt. Sowohl Regierungschef Johnson wie auch UEFA-Chef Ceferin begrüssten die Rückzugspläne der Mitgründer. (awp/mc/ps)