EU-interne Zinsbesteuerungs-Richtlinie weiterhin in der Schwebe
EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta. (Copyright: Europäische Union)
Brüssel – Die EU-Kommission legt am Dienstag in Brüssel zuhanden der 28 EU-Finanzminister einen Fortschrittsbericht zu den Verhandlungen mit der Schweiz bei der Zinsbesteuerung vor. Luxemburg und Österreich hatten dies zur Bedingung für ihre Zustimmung zur EU-internen Zinsbesteuerungs-Richtlinie gemacht. Eine Einigung scheint möglich.
In einem Brief an die 28 EU-Finanzminister, welcher der Nachrichtenagentur sda vorliegt, schreibt EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta, es seien «grosse Fortschritte» bei den Verhandlungen zur Zinsbesteuerung mit den fünf Drittstaaten Schweiz, Liechtenstein, Andorra, Monaco und San Marino gemacht worden. Die Verhandlungen mit der Schweiz entwickelten sich positiv.
Die Zeit drängt
Die Verhandlungen mit den Drittstaaten – allem voran mit der Schweiz – sind darum wichtig, weil Österreich und Luxemburg an deren Fortschritt ihre Zustimmung zur EU-Zinsrichtlinie knüpfen. Und diese soll laut Zeitplan Ende März unter Dach und Fach sein – die Zeit drängt also.
Mit der neuen Richtlinie will die EU-Kommission innerhalb der EU den Anwendungsbereich der Zinsbesteuerung erweitern, um so Steuerschlupflöcher zu stopfen. Das gleiche Ziel verfolgt sie mit den Abkommen mit den Drittstaaten.
Die EU-Kommission will ausserdem mit der neuen Richtlinie innerhalb der EU den automatischen Informationsaustausch für alle einführen. Denn aufgrund der aktuellen Richtlinie profitieren Österreich und Luxemburg noch von einer Übergangsregelung. Diese erlaubt es den beiden Staaten, eine anonyme Quellensteuer von 35% zu erheben.
Internationale Entwicklung verändert Situation
Aufgrund der internationalen Entwicklungen ist denn auch allen Beteiligten klar, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, wann sich der automatische Informationsaustausch international durchsetzten wird. Doch kein Land möchte vorpreschen. Daher verweisen Luxemburg und Österreich immer wieder auf die Schweiz.
Um nun endlich vorwärts zu kommen, beauftragten die EU-Staates- und Regierungschefs letzten Dezember die EU-Kommission, einen Fortschrittsbericht zu erstellen. Damit sollten Österreich und Luxemburg überzeugt werden.
Doch mittlerweile sind die Arbeiten auf OECD-Ebene zu einem globalen Standard für den automatischen Informationsaustausch ziemlich fortgeschritten. Vorgesehen ist, dass im September am G20-Treffen in Australien der globale Standard verabschiedet wird.
Sowohl Luxemburg wie auch Österreich fürchten nun, dass sie innerhalb kurzer Zeit hintereinander gleich zwei Standards – einen EU-Standard und einen OECD-Standard- einführen müssen. Dies würde für ihre Finanzinstitute hohe Kosten verursachen. Auch die Schweiz hatte sich bei den Verhandlungen mit der EU stets darauf verwiesen und auf einen einzigen globalen Standard gepocht.
Positive Signale
Ob den Finanzministern eine Einigung gelingen wird, ist noch unklar – die Signale sind jedoch positiv. Eine mögliche Lösung könnte sein, dass vorerst «nur» der erweiterte Anwendungsbereich der EU-Zinsrichtlinie angewendet wird. Österreich und Luxemburg könnten dann mit der Einführung des automatischen Informationsaustausches warten, bis dieser internationaler Standard ist.
Auch die EU-Kommission scheint dieses Problem erkannt zu haben. In ihrem Bericht zur Schweiz schreibt sie, dass im Lichte der internationalen Entwicklungen «die Umsetzung einer Interimslösung mit der EU (…) nicht nur technische sondern auch politische Probleme geben könnte». Die Kosten, die dadurch entstünden, dürften den Nutzen überwiegen, heisst es weiter.
Doch Luxemburg hat das Dossier zur «Chefsache» erklärt. Gut möglich also, dass es auf der Traktandenlisten der Staats- und Regierungschefs landet, die sich kommende Woche treffen. (awp/mc/ps)