Berlin – Kurz vor der Europawahl Ende Mai warnt EU-Justizkommissarin Vera Jourova vor organisierten Desinformationskampagnen im Wahlkampf. «Wir dürfen nicht zulassen, dass auch nur in einem Mitgliedstaat die Wahlergebnisse durch Manipulation verfälscht werden.
Nicht nur, aber auch, weil diese Wahlen Schicksalswahlen für Europa sind», sagte die tschechische Politikerin dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Montag).
Die EU-Kommission hat seit Monaten Sorgen, dass vor allem Russland sich mit sogenannten Social Bots einmischen könnte, also automatisch erstellten Beiträgen in sozialen Netzwerken. Desinformationskampagnen könnten nach Einschätzung von Experten die Debatte vor dem Brexit-Referendum in Grossbritannien und den US-Wahlkampf 2016 beeinflusst haben.
Ziel: Polarisierungen verstärken
Nach Einschätzung der Justizkommissarin zielen Desinformationskampagnen aus dem Ausland darauf ab, existierende Polarisierungen in der Gesellschaft zu verstärken. «Das macht es schwer, sie zu erkennen. Wir erleben ein digitales Wettrüsten. Europa muss sich darauf einstellen.»
Mittlerweile gebe es eine eigene Einheit im europäischen Auswärtigen Dienst, die Desinformation aus Russland öffentlich macht. Der Kampf dagegen sei ein zentrales Thema auch nach den Europawahlen. «Es geht nicht darum, ob wir Facebook zerschlagen oder nicht, sondern ob wir die notwendige Infrastruktur haben, ob die Internet-Plattformen das Gesetz achten, ob wir genug in Bildung investieren», sagte sie.
Schliessung von Facebook-Seiten in Italien
Facebook startet vor den EU-Parlamentswahlen eine Offensive gegen Fake News. Das Sozialnetzwerk von Mark Zuckerberg hat 23 italienische Facebook-Seiten mit politischen Inhalten und 2,46 Millionen Followers geschlossen. Dabei handelt es sich um Seiten, die die italienischen Regierungsparteien Lega und Fünf Sterne unterstützten, wie italienische Medien am Montag berichteten.
Auf den geschlossenen Seiten waren zuletzt wiederholt falsche Informationen über Impfungen und rassistische oder antisemitische Slogans erschienen, berichtete Facebook. Das soziale Netzwerk schloss die Seiten nach Anzeigen des US-Online-Netzwerks Avaaz, das sich gegen die Verbreitung von Fake News im Internet einsetzt.
Die 23 geschlossenen Seiten zählten mehr Followers als die offiziellen Seiten der Lega und der Fünf-Sterne-Bewegung zusammen. Auf den Seiten wurden unter anderem falsche Aussagen von Prominenten veröffentlicht. (awp/mc/ps)