Brüssel – Die EU-Kommission gibt der bislang grössten Übernahme eines deutschen Unternehmens grünes Licht: Bayer darf den US-Saatgutriesen Monsanto für 62,5 Mrd USD kaufen – allerdings unter strengen Auflagen. Die wettbewerbsrechtlichen Bedenken an dem Mega-Deal hätten vollständig ausgeräumt werden können, weil Bayer Geschäftsteile mit einem Umfang von weit über sechs Milliarden Euro abgeben werde, teilte die EU-Kommission mit.
«Dadurch wird gewährleistet, dass auf den Märkten für Saatgut, Pflanzenschutzmittel und digitale Landwirtschaft auch nach dem Zusammenschluss wirksamer Produkt- und Innovationswettbewerb herrscht», erklärte Kommissarin Margrethe Vestager am Mittwoch.
Noch ist die Übernahme aber nicht in trockenen Tüchern, denn die wichtige Zustimmung der Wettbewerbshüter in den USA steht noch aus. Bayer würde mit der 62,5 Mrd USD schweren Übernahme zum weltgrössten Anbieter von Pflanzenschutzmitteln und Saatgut aufsteigen.
BASF profitiert
Nutzniesser der Auflagen aus Brüssel ist der Chemiekonzern BASF. Bayer hat sich verpflichtet, fast sein gesamtes weltweites Geschäft für Saatgut und agronomische Merkmale, einschliesslich der Forschung, an das Unternehmen in Ludwigshafen zu verkaufen. Daneben sollen das Geschäft mit dem Pflanzenschutzmittel Glufosinat sowie drei wichtige Forschungsprogramme für Breitband-Unkrautvernichtungsmittel an den Chemiekonzern gehen.
Bayer befindet sich darüber hinaus mit BASF in exklusiven Gesprächen über eine Veräusserung seines Gemüsesaatgutgeschäfts. Auch soll BASF eine Lizenz für die aktuellen und in Entwicklung befindlichen Produkte für die digitale Landwirtschaft von Bayer erhalten. Die Veräusserung des gesamten Pakets an BASF wird von der EU-Kommission noch geprüft, über die Genehmigung soll bis zum 16. April entschieden werden.
Wichtige Hürde genommen
Bayer hat mit der Genehmigung der EU-Wettbewerbshüter beim grössten Zukauf in seiner Geschichte eine wichtige Hürde genommen. Konzernchef Werner Baumann sprach von einem «grossen Erfolg und bedeutenden Meilenstein». Inzwischen habe der Konzern deutlich mehr als die Hälfte von rund 30 behördlichen Freigaben für die Transaktion, unter anderem auch aus Brasilien und China.
Im zweiten Quartal will Bayer die Übernahme nun abgeschlossen haben. Die Nachrichtenagentur «Bloomberg» hatte allerdings kürzlich berichtet, dass Bayer in den USA auf Widerstand stosse und das US-Justizministerium verlange, dass sich der Konzern von mehr Firmenteilen trennt als bislang geplant.
Konzentration im Agrochemiesektor
Bayer würde mit der Monsanto-Übernahme zum weltgrössten Anbieter von Pflanzenschutzmitteln und Saatgut aufsteigen. Umweltschützer hatten die Kartellwächter dazu aufgefordert, den Deal zu untersagen.
Sie fürchten eine Erhöhung der Abhängigkeit der Landwirte von wenigen Grosskonzernen, einen vermehrten Einsatz von Chemikalien und eine Verringerung der Artenvielfalt. Der wirtschafts- und finanzpolitische Sprecher der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament, Sven Giegold, sprach von einer «giftigen Entscheidung für die europäische Demokratie.»
Mehr als eine Million Beschwerden seien bei der EU-Kommission wegen der Monsanto-Übernahme eingegangen, sagte Vestager. «Ich verstehe warum.» Es handle sich um den dritten grossen Deal in der Branche nach der Übernahme der Basler Pflanzenschutzspezialistin Syngenta durch ChemChina und den Zusammenschluss der US-Rivalen Dow Chemical und DuPont.
«Das ist eine Menge Veränderung in kurzer Zeit.» Die Prüfungsbefugnis der Kommission beschränke sich jedoch auf rein wettbewerbsrechtliche Fragen. Die Zahl der weltweit tätigen Firmen, die auf diesen Märkten miteinander konkurrierten, werde sich durch die Monsanto-Übernahme nicht verringern. (awp/mc/pg)