Brüssel – Die EU-Kommission hat gegen die beiden deutschen Autobauer BMW und Volkswagen Wettbewerbsstrafen in dreistelliger Millionenhöhe verhängt. Wegen rechtswidriger Absprachen zu sogenannten Adblue-Tanks für eine bessere Abgasreinigung soll BMW knapp 375 Millionen Euro zahlen, Volkswagen gut 500 Millionen Euro, wie die Kommission am Donnerstag mitteilte.
Adblue-Tanks nehmen in Dieselautos neuerer Katalysator-Generationen spezielle Harnstoff-Lösungen auf. Die Gemische sorgen für eine effizientere Abgasreinigung und damit für eine Senkung schädlicher Stickoxid-Emissionen. «Alle Unternehmen haben ihre Kartellbeteiligung eingeräumt und einem Vergleich zugestimmt», hiess es in einer Mitteilung der EU-Kommission.
Daimler profitiert von Kronzeugenregelung
Damit wird das mögliche Strafmass nicht voll ausgeschöpft. Theoretisch können Zahlungen von bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes fällig werden. Auch Daimler war an dem Kartell beteiligt, profitiert aber von einer Kronzeugenregelung und bleibt straffrei.
Brüssel habe mit dem Verfahren «kartellrechtliches Neuland» betreten, teilte BMW am Donnerstag mit. Gegenstand der Untersuchung seien nicht Preis- oder Gebietsabsprachen gewesen – trotzdem habe die EU-Kommission bei der Berechnung des Bussgelds die Massstäbe eines solchen «klassischen» Kartells angelegt und die Neuartigkeit des Falles lediglich durch einen Abschlag berücksichtigt. Dieses Vorgehen führe trotz der weitgehend fallengelassenen Vorwürfe zu der nun festgelegten Bussgeldhöhe.
Diesem Bussgeld habe der Vorstand mit dem vorliegenden Vergleich zugestimmt. Das hatte BMW bereits in Aussicht gestellt, als der Konzern die Rückstellungen für eine Strafe reduziert hatte.
BMW: Rückstellungen von 1,4 Mrd Euro
BMW hatte im Jahr 2019 aufgrund der Vorwürfe eine Rückstellung von 1,4 Milliarden Euro gebildet, davon im Mai dieses Jahres aber bereits rund eine Milliarde Euro wieder aufgelöst, weil die Kommission bestimmte Vorwürfe gegen BMW vollständig hatte fallen lassen. Die BMW-Aktie zeigte sich von der EU-Entscheidung kaum bewegt und lag zuletzt 1,3 Prozent im Minus. VW-Vorzugsaktien verloren im schwächeren Branchenumfeld 1,5 Prozent.
Von Volkswagen hiess es, der Konzern wolle die Entscheidung sorgfältig prüfen und gegebenenfalls Rechtsmittel einlegen. Statt eines Bussgeldes wäre der Erlass klarer Richtlinien für die Autoindustrie zielführender gewesen, kritisierten die Wolfsburger. Die Kommission habe «juristisches Neuland» betreten und zudem Bussgelder verhängt, obwohl es nie zu einer Umsetzung der Gesprächsinhalte und auch nicht zu einem Schaden für Kundinnen und Kunden gekommen sei.
Die bestehenden Leitlinien der Kommission zu Vereinbarungen über Zusammenarbeit zwischen Autobauern stammten aus dem Jahre 2011 und würden den komplexen Herausforderungen, denen sich gerade die Autoindustrie im Bereich der notwendigen technischen Zusammenarbeit ausgesetzt sehe, nicht mehr gerecht. Volkswagen hatte keine Rückstellungen für eine mögliche Kartellstrafe gebildet. (awp/mc/pg)