Brüssel zeigt sich von Ablehnung der USR III enttäuscht
Bern / Brüssel – Die EU-Kommission hat sich am Montag über das Nein der Schweizer Stimmbevölkerung zur Unternehmenssteuerreform III enttäuscht gezeigt. Die Europäische Union müsse nun über das weitere Vorgehen beraten, kündigte EU-Steuerkommissar Pierre Moscovici an. Ob die Schweiz nun riskiert, auf die geplante Schwarze Liste für Steueroasen zu geraten, liess er offen.
«Ich kann nicht verbergen dass das Abstimmungsresultat für die EU-Kommission eine Enttäuschung ist», sagte Moscovici vor den Medien in Brüssel. Denn dank gemeinsamer Anstrengungen sei die Schweiz im Kampf gegen Steuerhinterziehung und Steuerbetrug in den vergangenen Jahren nämlich zu einer konstruktiven Partnerin geworden.
Er erinnerte daran, dass sich die Schweiz 2014 verpflichtete, die internationalen Richtlinien der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) umzusetzen und schädliche Steuerprivilegien bis am 1. Januar 2019 abzuschaffen. Dieses Datum lässt sich nach dem Nein zur Reform nicht mehr einhalten.
«Wir hoffen, dass die Schweizer Regierung ihre konstruktive Arbeit weiterführen wird, um ihre internationalen Verpflichtungen und ihre Abmachung mit der EU einhalten zu können», liess die EU-Kommission am Montag offiziell über einen Sprecher mitteilen.
Die Kommission werde als nächstes zusammen mit den Mitgliedstaaten besprechen, welche Massnahmen zu ergreifen seien, wenn solche Verpflichtungen nicht eingehalten werden. Dabei solle auch das weitere Vorgehen in Bezug auf den bald beginnenden Screening-Prozesses für die von der EU geplante «schwarze Liste» besprochen werden.
Druckmittel Schwarze Liste
Auf diese Liste ging Moscovici trotz Nachfrage eines Schweizer Journalisten nicht näher ein. Die EU will bis Ende Jahr eine Liste mit Steueroasen erstellen. Dazu hat sie Anfang Februar einen Standardbrief an rund 90 Drittstaaten verschickt – auch an die Schweiz. Das Schreiben fordert die angeschriebenen Staaten dazu auf, mit der EU in einen Dialog zu treten.
Man würde den Gesprächspartner genau erklären, warum jemand auf die Liste komme und «welche Schritte nötig sind», um von der Liste wieder gestrichen zu werden, schrieb die EU. Aktuell gebe es aber noch keine solche Liste.
Der französische EU-Kommissar Moscovici betonte am Montag gleichzeitig seine Verbundenheit mit der Schweiz und hielt fest, die EU wolle den konstruktiven Austausch mit der Schweiz zur Bekämpfung von Steuerflucht fortsetzen.
Frage der Glaubwürdigkeit
Die Schweiz müsse die bei den Unternehmenssteuern eingegangenen Verpflichtungen erfüllen, hiess es auch vonseiten der OECD. Eine schwarze Liste sei jedoch nicht vorgesehen, sagte OECD-Steuerpolitik-Direktor Pascal Saint-Amans in einem Interview mit der Zeitung «Le Temps» vom Montag.
Er wies darauf hin, dass die Schweiz mit der Unternehmenssteuerreform III weiter gegangen sei, als dies von der OECD oder der EU verlangt worden sei. Nach der Ablehnung der Vorlage könne die Schweiz ein anderes Reformprojekt ausarbeiten.
Allerdings stehe die Glaubwürdigkeit der Schweiz auf dem Spiel. Die Verpflichtung, die Steuerprivilegien bis am 1. Januar 2019 abzuschaffen, müsse sie erfüllen, sagte Saint-Amans. Diese Frist werde «nicht unbeachtet vorbeigehen».
Neuauflage nicht vor 2021
Die Unternehmenssteuerreform III war am Sonntag deutlich gescheitert. 59,1 Prozent der Stimmenden lehnten die Vorlage ab, mit der Steuerprivilegien für internationale Unternehmen abgeschafft werden sollten. Grund dafür waren die hohen Kosten der Begleitmassnahmen.
Damit bleibt es vorerst dabei, dass Statusgesellschaften weniger Steuern zahlen als andere Unternehmen. Diese kantonalen Steuerregimes sind international nicht mehr akzeptiert. Der OECD und die EU verlangen von der Schweiz, dass die Privilegien abgeschafft werden.
Sie drohen mit Gegenmassnahmen, der Prozess ist bereits aufgegleist. Ob und wann der Schweiz Konsequenzen drohen, ist im Moment jedoch noch nicht klar.
In der Schweiz drängen Gegner wie Befürworter der Unternehmenssteuerreform darauf, dass rasch eine neue Vorlage erarbeitet wird. Doch so schnell, wie etwa die Linke hofft, dürfte es nicht vorwärtsgehen. Finanzminister Ueli Maurer stellt eine neue Vorlage etwa in einem Jahr in Aussicht.
Nach dem parlamentarischen Prozess würde die Umsetzung noch einmal zwei Jahre in Anspruch nehmen. Nach diesem Fahrplan könnte eine Neuauflage der USR III etwa 2021 oder 2022 in Kraft gesetzt werden. (awp/mc/upd/ps)