Feuerpause im Zollstreit: EU- und US-Abgaben vorerst auf Eis

Feuerpause im Zollstreit: EU- und US-Abgaben vorerst auf Eis
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. (Foto: Dati Bendo ©European Union, 2025)

Brüssel – Teile des Welthandels bekommen voraussichtlich eine Atempause von 90 Tagen: Sowohl die USA als auch die EU setzen einige Sonderzölle vorerst nicht in Kraft. In einer kurzen Stellungnahme kündigte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen an, erst tags zuvor beschlossene Gegenmassnahmen für knapp drei Monate auf Eis zu legen.

Zuvor hatte US-Präsident Donald Trump nach grossen Turbulenzen an den Aktien- und Finanzmärkten überraschend entschieden, vielen Staaten 90 Tage lang eine Pause von bestimmten Zöllen zu gewähren. Dabei geht es um Strafabgaben, die sich am Handelsdefizit der jeweiligen Länder orientieren – ausgenommen ist China.

Verhandlungen eine Chance geben
Von der Leyen teilte mit: «Wir haben die Ankündigung von Präsident Trump zur Kenntnis genommen. Wir wollen Verhandlungen eine Chance geben.» Die EU-Gegenmassnahmen seien von den Mitgliedstaaten nachdrücklich unterstützt worden, sollen aber für 90 Tage ausgesetzt werden. Eigentlich hätten erste Massnahmen kommende Woche angewendet werden sollen.

Von der Leyen betonte: «Wenn die Verhandlungen nicht zufriedenstellend verlaufen, werden unsere Gegenmassnahmen in Kraft treten.» Zudem liefen Vorbereitungsarbeiten für weitere Gegenmassnahmen. Alle Optionen lägen auf dem Tisch.

Wenig klare Antworten auf Nachfragen
Auf Nachfragen von Journalistinnen und Journalisten zur Erfolgsaussicht von Verhandlungen mit den Amerikanern blieb die EU-Kommission vage. «Wir werden an dieser Stelle keine näheren Angaben darüber machen, was wir den Amerikanern sagen oder nicht sagen», betonte ein Sprecher der Behörde. Die EU-Kommission ist dafür zuständig, die Verhandlungen in Handelsfragen für die Staatengemeinschaft zu führen.

Der Kontakt zur US-Seite sei im Gange, so die Kommission. Derzeit seien zwar keine persönlichen Treffen vorgesehen, «aber das kann sich kurzfristig ändern», sagte der Sprecher. Auf die Frage, ob es Signale der Amerikaner gebe, die auf eine Verhandlungslösung hindeuteten, gab es keine Antwort.

Abgaben auf Jeans, Motorräder und Lebensmittel aus den USA
Die EU-Staaten hatten eigentlich am Mittwoch den Weg für erste Gegenzölle zwischen 10 und 25 Prozent als Reaktion auf die von Trump angeordneten Zölle freigemacht. Ab Mitte April sollten unter anderem Sonderabgaben für Jeans und Motorräder aus den USA greifen.

Weitere Gegenzölle sollten Mitte Mai und Ende des Jahres erhoben werden – was unter anderem Lebensmittel wie Rindfleisch, Geflügel und Zitrusfrüchte wie Orangen und Grapefruits betroffen hätte.

Diese EU-Massnahmen sind eine Reaktion auf bereits in Kraft getretene US-Zölle auf Stahl- und Aluminium, die – nach allem was bekannt ist – auch weiterhin bestehen bleiben. Die EU hat sie eigenen Angaben zufolge trotzdem zurückgenommen, weil sie sich davon ein 90-tägiges Verhandlungsfenster erhofft.

Auch Sonderabgaben auf Autos – unabhängig davon, aus welchem Land sie kommen – sind wohl weiter in Kraft. Allerdings lieferte die US-Regierung nur spärliche Informationen zu Trumps unerwarteter Kehrtwende und stiftete mit ihrer Kommunikationspolitik einige Verwirrung.

Eskalation mit China
Dabei geht Trump mit zusätzlicher Härte gegen China vor und erhöht die Abgaben auf chinesische Einfuhren weiter. Damit spitzt sich der Handelskonflikt zwischen den beiden grössten Volkswirtschaften dramatisch zu. Während Trump anderen Ländern eine zumindest teilweise Atempause bescherte, erhöhte er den Zollsatz auf Einfuhren aus China mit sofortiger Wirkung noch einmal – von 104 auf 125 Prozent.

Als Antwort auf eine vorherige US-Zollerhöhung in Höhe von 50 Prozent hat Peking am Donnerstag Gegenzölle im gleichen Umfang in Kraft gesetzt – die Sonderzölle auf alle US-Einfuhren betragen damit 84 Prozent. Offen ist bislang, ob Peking seinerseits mit einer weiteren Zoll-Steigerung auf Trumps jüngsten Vorstoss reagiert.

Die Pekinger Filmaufsichtsbehörde teilte nach der jüngsten Eskalation mit, man werde die Zahl der importierten US-Filme «moderat reduzieren», berichtete der Staatssender CCTV. Die «unrechtmässige» Verhängung von Zöllen durch die US-Regierung gegenüber China werde «unweigerlich die Beliebtheit amerikanischer Filme beim heimischen Publikum weiter verringern», zitierte CCTV einen Sprecher der Behörde. Stattdessen sollen vermehrt Filme aus aller Welt gezeigt werden. (awp/mc/ps)

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