EU-Staaten unterzeichnen Fiskalpakt
EU-Ratspräsident Herman van Rompuy.
Brüssel – Striktes Sparen gegen die Krise: Erstmals haben sich 25 EU-Länder in einem internationalen Abkommen zu mehr Haushaltsdisziplin mit nationalen Schuldenbremsen verpflichtet. Die Staats- und Regierungschefs unterzeichneten am Freitag beim EU-Gipfel in Brüssel den sogenannten Fiskalpakt, der nach Worten von Kanzlerin Angela Merkel ein «Meilenstein in der Geschichte der Europäischen Union» ist. Insbesondere Deutschland hatte darauf gedrungen. Das Abkommen soll verhindern, dass Länder wie Griechenland jemals wieder gigantische Schuldenberge anhäufen.
Von den 27 EU-Ländern machen Grossbritannien und Tschechien nicht mit. Irland lässt das Volk über den Pakt abstimmen. Der Vertrag muss in allen Unterzeichner-Staaten noch ratifiziert werden. Das Abkommen soll spätestens Anfang 2013 in Kraft treten.
Nahezu ausgeglichene Haushalte angestrebt
Laut Vertragstext streben die Teilnehmer nahezu ausgeglichene Haushalte an. Die Staaten führen Schuldenbremsen nach deutschem Vorbild ein. Die Umsetzung kontrolliert der Europäische Gerichtshof (EuGH), der in letzter Konsequenz gegen Haushaltssünder eine Geldstrafe von bis zu 0,1 Prozent der jeweiligen Wirtschaftsleistung verhängen kann. Klagen können Unterzeichner. Deutschland konnte sich nicht mit seiner Forderung durchsetzen, auch der EU-Kommission ein Klagerecht zu geben.
ESM soll schneller mit Barkapital ausgestattet werden
Nur Euro-Länder, die den Pakt unterschrieben haben, sollen künftig Hilfen aus dem ständigen Krisenfonds ESM erhalten können. Die «Chefs» wollen den ESM zudem schneller mit Barkapital ausstatten. Im laufenden Jahr sollen bereits zwei von insgesamt fünf geplanten Raten geleistet werden, sagte der im Amt bestätigte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy. Der EU-Gipfelchef lobte die Wirkung des Sparpaktes: «Der Vertrag wird den Euro in ruhige Gewässer zurückbringen.» Er gebe einzelnen Staaten mehr Verantwortung: «Damit stärkt er das Vertrauen zwischen den Mitgliedsstaaten.» EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso sagte bei der feierlichen Unterzeichnung: «Dieser Vertrag ist ein wichtiger Teil in unserer Strategie, die Stabilität in den europäischen öffentlichen Finanzen wieder herzustellen.»
Merkel: Fiskalpakt ein Meilenstein für die EU
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel bezeichnete den Fiskalpakt als entscheidende Wende zur Stabilisierung der Finanzen in der EU. «Das ist ein Meilenstein in der Geschichte der Europäischen Union», sagte Merkel kurz vor der Unterzeichnung des Vertrags durch 25 der 27 EU-Staaten am Freitagmorgen in Brüssel.
«Starkes Signal»
«Das ist ein Meilenstein in der Geschichte der Europäischen Union.» Zum ersten Mal werde wirklich das umgesetzt, was im Stabilitäts- und Wachstumspakt vereinbart sei – und zwar verpflichtend, indem der Europäische Gerichtshof überprüfe, ob die Schuldenbremsen richtig eingeführt werden. «Das ist ein starkes Signal, dass wir die Lehren aus der Krise ziehen und dass wir die Signale verstanden haben und dass wir auf die Zukunft eines politisch vereinten Europas setzen.»
Automatische Defizitverfahren
Verschuldet sich ein Staat zu sehr, wird automatisch ein Defizitverfahren ausgelöst, das nur zwei Drittel der Euro-Finanzminister stoppen können. Diese Regelung soll verhindern, dass Schuldensünder durch Absprachen oder einen diplomatischen Kuhhandel Sanktionen entkommen.
Weissrussland und Syrien auf Tagesordnung
Am zweiten Tag widmete sich der Gipfel aussenpolitischen Themen. Die Staats- und Regierungschefs berieten über Sanktionen gegen Weissrussland. Die Regierung in Minsk hat im Falle eines solchen Schritts bereits diplomatische Gegenmassnahmen angedroht. Die 27 EU-Länder diskutierten auch über die Lage in Syrien. Im Entwurf für die Abschlusserklärung verurteilen sie die Gewalt gegen die Zivilbevölkerung in dem Land. «Der Europäische Rat (Gipfel) fordert, dass die syrischen Behörden sofort die massive Gewalt und die Menschenrechtsverletzungen gegen die Zivilbevölkerung stoppen.» In dem Papier fordern die Staaten erneut den Rücktritt des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad. (awp/mc/upd/ps)