Russland droht EU mit höheren Energiepreisen
Keine offizielle Reaktion des russischen Präsidenten auf die neuen Sanktionen. (Photo: the Presidential Press and Information Office)
Moskau – Russland hat als Reaktion auf die Wirtschaftssanktionen des Westens mit einer Erhöhung der Energiepreise in Europa gedroht. Der «verantwortungslose Schritt» werde unweigerlich einen Preisanstieg auf dem europäischen Energiemarkt zur Folge haben, warnte das Aussenministerium in Moskau am Mittwoch. Auch die in Russland tätigen Banken aus der Europäischen Union müssten negative Folgen fürchten. Für Obst und Gemüse aus Polen hat Moskau bereits einen Importstopp verfügt.
Die EU und die USA hatten am Dienstag Wirtschaftssanktionen gegen Russland auf den Weg gebracht, die sich auch gegen den Energiesektor richten. Damit soll Präsident Wladimir Putin dazu bewegt werden, die Unterstützung der prorussischen Separatisten im Osten der Ukraine zu beenden. Die Strafmassnahmen treffen die russische Wirtschaft hart. Anzeichen für ein Einlenken Moskaus gibt es jedoch nicht.
Keine Reaktion von Putin
Putin reagierte am Mittwoch mit keinem Wort auf die jüngste Entwicklung. Russlands EU-Botschafter Wladimir Tschischow erklärte in Brüssel, der Weg über Sanktionen führe in die Sackgasse. Im Osten der Ukraine gingen die Kämpfe zwischen Regierungseinheiten und Separatisten unvermindert weiter.
Sanktionen mit «noch mehr Biss»
Nach der EU hatten am Dienstagabend auch die USA die Sanktionen verschärft. US-Präsident Barack Obama sprach von einer eng koordinierten Aktion. Die Massnahmen gegen den russischen Finanzsektor sowie gegen die Energie- und Rüstungsbranche hätten jetzt «noch mehr Biss». Zugleich versicherte Obama aber auch: «Dies ist kein Kalter Krieg.»
«Kurzsichtige und grundlose Vorwürfe»
Russland wertet das Vorgehen als Verstoss gegen die Regeln der Welthandelsorganisation WTO. Das Weisse Haus agiere wie ein «pathetischer Chefankläger», kritisierte das Aussenministerium in Moskau. Die «kurzsichtigen und grundlosen» Vorwürfe würden für die USA spürbare Konsequenzen nach sich ziehen.
Importstopp für Gemüse und Obst aus Polen
Die Finanzmärkte reagierten am Mittwoch gleichwohl gelassen. Der Rubel geriet lediglich zeitweise unter Druck. Die russische Notenbank sicherte von den Strafmassnahmen betroffenen Kreditinstituten Hilfe zu. Russland verfügte zugleich einen Importstopp für Obst und Gemüse aus Polen. Die Einfuhr fast aller Sorten an Früchten sei vom 1. August an wegen Verstössen gegen die Lebensmittelsicherheit verboten, teilte die Agraraufsicht mit. Warschau gilt als wichtiger Partner der Regierung in Kiew.
Die 28 EU-Regierungen billigten am Mittwoch die zusätzlichen Einreiseverbote und Kontensperrungen, auf die sich die EU-Botschafter am Vortag verständigt hatten. Zu den acht Personen, die mit Einreiseverboten belegt wurden, sollen auch vier enge Vertraute Putins gehören. Die Namen werden erst durch die Veröffentlichung im Amtsblatt der EU bekanntgegeben.
Schnelle Wirkung der Sanktionen erwartet
Der deutsche Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) erwartet rasche Effekte der EU-Sanktionen. «Ich denke, sie werden sehr schnell Wirkung zeigen», sagte Gabriel in Berlin. «Denn die russische Ökonomie ist in keiner guten Verfassung.» Aussenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) dringt darauf, den Gesprächsfaden mit Moskau trotzdem nicht abreissen zu lassen. «Sanktionen alleine sind noch keine Politik», erklärte er in Berlin.
Poroschenko will Gespräche mit Separatisten
Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko rief die prorussischen Separatisten zu Gesprächen an diesem Donnerstag in der weissrussischen Hauptstadt Minsk auf. Von den Separatisten gab es widersprüchliche Signale, ob ein Vertreter anreist. Der autoritäre weissrussische Präsident Alexander Lukaschenko hatte am Dienstag in einem Telefonat mit Poroschenko Minsk als Verhandlungsort angeboten. Der Verbündete von Kremlchef Wladimir Putin gilt als letzter Diktator Europas.
Kadyrow lässt Ostukraine «humanitäre Hilfe» zukommen
Der vom Westen mit Sanktionen belegte tschetschenische Republikchef Ramsan Kadyrow wies demonstrativ humanitäre Hilfe von 7,5 Millionen US-Dollar (5,59 Mio Euro) für das Kriegsgebiet Ostukraine an. Das Geld sei für die medizinische Versorgung der Bevölkerung, teilte Kadyrow mit. Unterstützt würden die von Separatisten beherrschten, selbsternannten «Volksrepubliken Donezk und Lugansk».
Kein Zugang zur Absturzstelle von Flug MH17
Die Absturzstelle des Fluges MH17 blieb für internationale Beobachter weiter unerreichbar. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon zeigte sich darüber tief beunruhigt. Er erinnerte daran, «dass noch die Überreste von Opfern zu finden und Beweise zu sichern sind». Russland warf der Ukraine wegen der andauernden Gefechte nahe der Absturzstelle des malaysischen Passagierflugzeugs eine grobe Verletzung einer UN-Resolution vor. Die Regierung in Kiew stoppe die Offensive der Armee in der Region nicht und verhindere damit den von den Vereinten Nationen geforderten Zugang von Ermittlern zum Wrack, sagte Aussenminister Sergej Lawrow der Agentur Interfax zufolge. Die Führung in Kiew erklärte dagegen, die Separatisten hätten die Region um die Absturzstelle vermint, zudem würden die Aufständischen mit schwerer Artillerie schiessen. (awp/mc/upd/pg)