Eurokrise hat am WEF viel von ihrem Schrecken verloren

Philipp Hildebrand - Mario Draghi

Philipp Hildebrand, Vice-Chairman BlackRock und EZB-Präsident Mario Draghi am 24.01.2014 am WEF. (© WEF/swiss-image.ch)

Davos – Die Regierungschefs und Finanzpolitiker Europas versprühen Optimismus: Sie zeichneten in Davos das Bild einer erstarkten Weltwirtschaft und einer Eurozone, die sich im Aufschwung befindet. Es war an Euro-Zentralbankchef Mario Draghi, auch auf die Risiken hinzuweisen.

Selbstbewusst pries der britische Premierminister David Cameron am Weltwirtschaftsforum WEF am Freitagmorgen die liberale Wirtschaftspolitik seiner Regierung, die den Aufschwung herbeigeführt habe. Deutschlands Finanzminister Wolfgangs Schäuble sieht die Eurozone fortgeschritten auf dem Weg der Besserung.

Der französische Finanzminister Pierre Moscovici zeigte sich gewiss, dass sein Land die Krise meistern werde: «Frankreich verdient das Vertrauen seiner Partner und der Investoren.» Die Aussichten für Wachstum, Beschäftigung und eine bessere Wettbewerbsfähigkeit seien positiv, nachdem Präsident François Hollande vergangene Woche ein Reformpaket verkündet habe.

Auch Repräsentanten der Schwellenländern beruhigten die zahlreichen Wirtschaftskapitäne mit ihrer Zusicherung, die Wachstumsmärkte befänden sich nicht in der Krise. Das Elitetreffen in Davos nahm am dritten Konferenztag die Losung von WEF-Gründer Klaus Schwab offensichtlich ernst, wonach in den Bündner Bergen nicht nur über Krisenmanagement diskutiert werden solle.

Draghi: «Erholung noch schwach»
Es waren aber auch die Notenbanken mit ihren Tiefzinsen, Anleihenkäufen und Stützmassnahmen gewesen, die massgeblich zur Stabilisierung der Lage beigetragen hatten. Einer der bedeutendsten Krisenmanager der letzten Jahre, der Präsident der Europäischen Zentralbank Mario Draghi, bezeichnete die Verbesserungen der vergangenen zwei Jahre als «dramatisch».

Draghi, der Mitte 2012 seine Entschlossenheit zur Rettung der Einheitswährung klar gemacht hatte, beschrieb die Lage dennoch deutlich vorsichtiger als die Politiker: «Wir sehen den Beginn einer Erholung, die noch schwach, brüchig und unausgeglichen ist, aber es ist eine Erholung.»

Sein Appell richtete sich an die Regierungen der Eurozone, weiterhin an den Strukturreformen zu arbeiten. Auch die robusteren Kernländer hätten diesbezüglich Nachholbedarf, sagte er bei einem Gespräch vor Publikum mit Philipp Hildebrand, dem Ex-Chef der Schweizerischen Nationalbank und heutigen Vizepräsidenten des Vermögensverwalters Blackrock.

Junge nicht benachteiligen
Beim Thema Jugendarbeitslosigkeit – in einigen europäischen Ländern liegt die Quote bei 50 Prozent – zeigt sich nach wie vor eine fundamentale Schwäche Europas. Draghi wies die Länder mit besonders hoher Jugendarbeitslosigkeit an, ihre Arbeitsmarktregeln zu ändern, und zwar so, dass junge Arbeitssuchende nicht benachteiligt würden.

Der britische Schatzkanzler George Osborne hatte am Morgen an einem Panel gesagt, Geldpolitik nütze nichts, wenn die Regierungen ihre Finanzen nicht in den Griff bekämen – er schlug damit in die selbe Kerbe wie sein Premier Cameron während dessen Auftritt vor grossem Publikum.

Cameron sieht die Hindernisse vor allem in der Vielzahl von Regeln. Die Kritik des konservativen Premiers an den Institutionen der EU war deutlich: «In der europäischen Kommission gibt es immer noch Leute, die denken, wenn sie nicht Regulierungen erlassen, würden sie ihre Aufgabe nicht erfüllen.»

Weniger Bürokratie
Cameron hat es mit seinen Positionen in der EU bisweilen schwer, doch scheint er mit seinen Forderungen nicht alleine zu sein. Der deutsche Finanzminister Schäuble fuhr zwar keine Attacke gegen Europa – eine solche wäre in seinem Heimatland ohnehin verpönt. Aber auch er sagte, die EU sei heute zu kompliziert und zu bürokratisch.

Mit Frankreich will schliesslich auch die zweitgrösste Wirtschaft der Eurozone nach Deutschland flexibler werden. Auf jeden Fall versprach Finanzminister Moscovici, der Arbeitsmarkt in seinem Land werde liberaler. Sein Kollege Schäuble lobte Frankreichs angekündigtes Reformpaket – es sei zum Nutzen von ganz Europa. (awp/mc/ps)

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