Eurozone: Inflation schwächt sich deutlich ab – Kernrate auf Rekord
Luxemburg – Dank sinkender Energiepreise hat sich die hohe Inflation in der Eurozone im März deutlich abgeschwächt. Die Verbraucherpreise erhöhten sich gegenüber dem Vorjahresmonat um 6,9 Prozent, wie das Statistikamt Eurostat am Freitag in Luxemburg nach einer ersten Schätzung mitteilte. Im Februar hatte die Rate noch bei 8,5 Prozent gelegen. Im Monatsvergleich stiegen die Preise um 0,9 Prozent. Hier war ein Anstieg um 1,1 Prozent erwartet worden.
Volkswirte hatten einen weniger deutlichen Rückgang der Inflationsrate erwartet. Sie prognostizierten für März eine Rate von 7,1 Prozent. Die Teuerung lag erstmals seit Februar 2022 unter der Marke von sieben Prozent. Im Oktober hatte sie einen Rekordwert von 10,7 Prozent erreicht.
Gedrückt wird die Inflationsrate durch die Energiepreise. Sie sind im März im Jahresvergleich sogar um 0,9 Prozent gesunken. Im Vorjahr war es in Folge des russischen Angriffskrieges zu einem deutlichen Anstieg der Energiepreise gekommen. Im Februar waren die Energiepreise noch um 13,7 Prozent gestiegen. Getrieben wird die Gesamtinflation mittlerweile durch gestiegene Preise für Lebens- und Genussmittel.
Die Kernjahresinflationsrate, bei der schwankungsanfällige Preise für Energie und Lebensmittel herausgerechnet werden, stieg auf 5,7 Prozent. Das ist ein Rekordniveau. Im Februar hatte sie noch bei 5,6 Prozent gelegen. Der Anstieg war so erwartet worden.
«So schön sich der Inflationsrückgang liest, er ist mit Haken und Ösen versehen», kommentierte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. Angesichts der gestiegenen Kerninflation könne von nachlassendem Teuerungsdruck keine Rede sein. «Das Inflationsgeschehen erfasst immer mehr den Dienstleistungssektor – darunter vor allem den Hotel- und Gaststättensektor und die Tourismus- und Veranstaltungsbranche.»
Dekabank-Chefvolkswirt Ulrich Kater bewertet die Daten positiver: «Man sollte nicht kleinreden, dass Energiepreise und Lieferkettenprobleme sich wieder deutlich beruhigt haben.» Dies werde in den kommenden Monaten zu weiteren Erleichterungen bei der Inflation führen. «Schwieriger wird es mit den hartnäckigen Preissteigerungen, die etwa durch die starken Lohnsteigerungen weiter angefacht werden.»
Das Preisziel der Europäischen Zentralbank (EZB) von mittelfristig zwei Prozent wird weiterhin klar überschritten. Die Notenbank hatte Mitte März den Leitzins erneut um 0,50 Prozentpunkte angehoben. Allerdings hatte sie das weitere Vorgehen angesichts der jüngsten Finanzmarktturbulenzen offen gelassen.
«Die EZB hat zuletzt wiederholt betont, dass sie aktuell vor allem auf die Kernteuerungsrate schaut», kommentierte Commerzbank-Ökonomen Christoph Weil. «Insofern steht die Notenbank weiter unter Druck, die Leitzinsen weiter anzuheben.»
Die Inflationsentwicklung in den einzelnen Mitgliedsländern bleibt sehr unterschiedlich. Die höchsten Raten gibt es im Baltikum. Aber in allen drei baltischen Ländern ist die Inflationsrate mittlerweile zumindest unter die Marke von zwanzig Prozent gefallen. Am niedrigsten ist die Rate in Luxemburg (+3,0 Prozent) und in Spanien (+3,1 Prozent). In Deutschland lag der nach europäischer Methode berechnete Anstieg der Verbraucherpreise mit 7,8 Prozent über dem Niveau der Eurozone.
Die Finanzmärkte reagierten kaum auf die Daten. Schliesslich waren viele Daten aus den einzelnen Mitgliedsländern schon vorher bekannt gewesen. (awp/mc/ps)