Eurozone könnte in Q3 der Rezession entfliehen
London – Die Wirtschaft der Eurozone ist im Juli wieder auf Wachstumskurs eingeschwenkt. Der Einkaufsmanagerindex für die Eurozone stieg im Juli auf den höchsten Stand seit 18 Monaten. Der wichtige Konjunkturindikator stieg von 48,7 Punkten im Vormonat auf 50,4 Zähler, wie das Forschungsunternehmen Markit am Mittwoch in London laut einer vorläufigen Erhebung mitteilte.
Erstmals seit Januar 2012 liegt der Indikator wieder über der Marke von 50 Punkten und signalisiert damit eine Ausweitung der wirtschaftlichen Aktivität. Volkswirte hatten lediglich mit 49,1 Punkten gerechnet. Sowohl in der Industrie als auch bei den Dienstleistern verbesserten sich die Aussichten für die Eurozone. Während der Indikator für die Industrie wieder leicht über die Expansionsschwelle stieg, blieb er im Dienstleistungssektor leicht darunter. Der Einkaufsmanagerindex (EMI) wird von Markit erstellt und basiert auf Umfragen unter einer repräsentativen Auswahl von 5.000 Firmen in der Industrie und im Servicesektor.
«Umfassender Aufschwung in der Industrie»
«Der beste PMI-Wert seit eineinhalb Jahren liefert ermutigende Hinweise darauf, dass sich die Eurozone nach langer Durststrecke im dritten Quartal 2013 endlich wieder aus der Rezession befreien könnte», schreibt Chris Williamson, Chefvolkswirt von Markit, in einer Pressemitteilung. Die Belebung gehe eindeutig von einem «umfassenden Aufschwung» im Industriesektor aus. Die Wirtschaft der Eurozone befindet sich seit Ende 2011 in der Rezession.
Niedrigzinspolitik der EZB zahlt sich aus
Laut Postbank stützte auch das Versprechen einer langen Niedrigzinspolitik durch die Europäische Zentralbank (EZB) das Vertrauen der Unternehmen. Die zuletzt in Portugal und Spanien aufgekommenen politischen Probleme hätten offensichtlich keinen Eindruck hinterlassen. Eine weitere EZB-Leitzinssenkung dürfte nach Einschätzung von Ökonomen mit den neuesten Daten sehr unwahrscheinlich geworden sein.
Industrie wächst wieder
Der Einkaufsmanagerindex bestätigt frühere überraschend gute Konjunkturdaten. So hatte die Industrieproduktion im April und Mai bereits über dem Durchschnitt des ersten Quartals gelegen. Auch andere Frühindikatoren wie die von der EU erhobene Wirtschaftsstimmung hatten sich verbessert. Ökonomen der Allianz sehen eine Trendwende in der Eurozone. «Die Zuversicht der Einkaufsmanager im Juli bekräftigt nun unsere Einschätzung, dass sich die Wirtschaft im Euroraum in der zweiten Jahreshälfte deutlich erholt.»
Besonders positiv überraschten die Zahlen aus Deutschland, die jetzt wieder eine kräftige Wachstumsbelebung andeuten. Der Indikator für die Industrie drehte in den Wachstumsbereich und erreichte den höchsten Stand seit Februar 2012. Im Servicesektor stieg der Indikator deutlich stärker als erwartet. Weiteren Aufschluss über die wirtschaftliche Lage in der Deutschland dürfte der am Donnerstag anstehende Ifo-Index liefern.
Deutliche Verbesserung auch in Frankreich
Überraschend deutlich war auch die Erholung in Frankreich. Sowohl in der Industrie als auch im Dienstleistungssektor stieg die Kennzahl stärker als erwartet an. Der Industriewert sprang auf den höchsten Stand seit 17 Monaten. Allerdings blieben hier beide Werte unter der Expansionsschwelle. In Frankreich erreichte der Sammelindex mit 48,8 Punkten den höchsten Wert seit fast eineinhalb Jahren (+1,4 Punkte gegenüber Juni). Laut Finanzminister Pierre Moscovici ist die französische Wirtschaft bereits im zweiten Quartal auf den Wachstumspfad zurückgekehrt.
Trendwende in Spanien und auch Italien möglich
Für Italien und Spanien wurden die Daten noch nicht vorgelegt. Aber auch in den Randländern der Eurozone scheint sich eine Trendwende abzuzeichnen. Hier sei eine Belebung der Industriekonjunktur zu beobachten, teilte Markit weiter mit. Die Exporte der Peripherie-Staaten haben laut Berenberg-Bank zur Rückkehr der Eurozone auf den Wachstumspfad beigetragen. «Zwar lasten Haushaltskürzungen und die hohe Arbeitslosigkeit weiter schwer auf dem privaten Konsum und den öffentlichen Investitionen in den Südländern. Allerdings beginnen sich die Reformen jetzt auszuzahlen.»
Die endgültigen Juli-Daten zur Industrie werden am 1. August, die finalen Daten zum Servicesektor und der finale Composite-Index zusammen am 5. August veröffentlicht. (awp/mc/pg)