Eurozone: Inflation steigt auf höchsten Stand seit über drei Jahren
Luxemburg – Die Inflation im Euroraum hat im Dezember – von niedrigem Niveau aus – deutlich angezogen. Wie das Statistikamt Eurostat am Mittwoch mitteilte, lagen die Verbraucherpreise 1,1 Prozent höher als vor einem Jahr. Das ist nicht nur deutlich mehr als die im November gemessene Inflationsrate von 0,6 Prozent. Auch ist dies die höchste Inflationsrate seit September 2013. Die Erwartungen von Analysten wurden leicht übertroffen, sie hatten mit einer Rate von 1,0 Prozent gerechnet.
Der Anstieg der Inflation im gemeinsamen Währungsraum hatte sich bereits in den vergangenen Tagen angedeutet. Inflationsdaten aus Deutschland und Spanien waren deutlich höher ausgefallen als erwartet. Davon unabhängig war Experten seit längerem klar, dass die Teuerungsraten wieder anziehen würden. Denn der Verfall der Rohölpreise, der die Gesamtinflation im vergangenen Jahr stark gedämpft hatte, fällt zunehmend aus dem Jahresvergleich heraus. Das sorgt quasi automatisch für steigende Inflationsraten.
Energie treibt Preisentwicklung
Im Dezember war dementsprechend Energie deutlich teurer als vor einem Jahr. Der Anstieg betrug 2,5 Prozent. Es war das erste Mal seit langer Zeit, dass Energie überhaupt teurer war als binnen Jahresfrist. Zuvor waren die Ölpreise längere Zeit stark gefallen und hatten so die allgemeine Teuerung gedämpft. Aber spätestens seit der Einigung des Ölkartells Opec und anderer wichtiger Produzenten auf Förderkürzungen sind die Rohölpreise wieder deutlich gestiegen. Das sorgt für allgemeinen Preisauftrieb, weil Ölprodukte wie Benzin einen hohen Anteil im Warenkorb ausmachen, mit dem Statistiker die Inflation messen.
Angehoben wurde die Inflation ausserdem durch die Entwicklung der Lebensmittel- und Dienstleistungspreise, die jeweils 1,2 Prozent höher lagen als ein Jahr zuvor. Industriell gefertigte Waren kosteten dagegen nur 0,3 Prozent mehr. Die Kernteuerung, die schwankungsanfällige Komponenten wie Energie und Lebensmittel ausklammert und den grundlegenden Preistrend abbilden soll, erhöhte sich um 0,1 Prozentpunkte auf 0,9 Prozent. Analysten hatten eine unveränderte Rate von 0,8 Prozent erwartet.
EZB vermutlich unbeeindruckt
Mit dem jüngsten Preisanstieg nähert sich die Inflation der Zielmarke der Europäischen Zentralbank (EZB) zumindest ein Stück weit an. Die EZB strebt für den Euroraum eine Inflationsrate von knapp zwei Prozent an, die sie allerdings seit etwa drei Jahren nicht mehr erreicht hat. Dies ist ein Grund, warum die Notenbank ihre Geldpolitik in den vergangenen Jahren stark gelockert hat. Bislang macht die EZB keine Anstalten, wegen des etwas stärkeren Preisauftriebs eine Straffung ihrer Geldpolitik in Erwägung zu ziehen.
Bankvolkswirte kommentierten die Inflationszahlen überwiegend unaufgeregt. «Der dämpfende Effekt des Ölpreisrückgangs kehrt sich allmählich um», sagte Ulrich Wortberg von der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba). Weil die um diesen Effekt bereinigte Kernteuerung nach wie vor moderat sei, dürfte die EZB an ihrer extrem lockeren Geldpolitik vorerst nichts ändern. Die Notenbank hatte Anfang Dezember ihre lockere Geldpolitik bis mindestens Jahresende 2017 verlängert, allerdings mit etwas geringerem Tempo als im vergangenen Jahr.
«Geldhahn bleibt weit geöffnet»
Ähnlich wie die Helaba argumentierten Volkswirte vom britischen Analysehaus Capital Economics. Sie wiesen zudem darauf hin, dass die absehbar steigenden Inflationsraten die Kaufkraft der Verbraucher verringerten, was wiederum die Wirtschaftsentwicklung belasten könne. Die VP Bank hob hervor, dass der preistreibende Effekt der Rohölpreise «ein kurzes Intermezzo» bleiben dürfte. Der Geldhahn der EZB bleibe deshalb vorerst weit geöffnet, prognostizierte Chefvolkswirt Thomas Gitzel. (awp/mc/upd/ps)
Unternehmensstimmung auf höchstem Stand seit über fünf Jahren
Derweil hat sich die Unternehmensstimmung im Euroraum im Dezember weiter aufgehellt und den besten Wert seit fünfeinhalb Jahren erreicht. Der Einkaufsmanagerindex, eine Umfrage des Forschungsunternehmens IHS Markit in Unternehmen, legte um 0,5 Punkte auf 54,4 Punkte zu. Dies teilte Markit am Mittwoch mit. In einer ersten Schätzung hatten die Forscher für Dezember nur einen Wert von 53,9 Punkte gemeldet, Volkswirte hatten eine Bestätigung der ersten Schätzung erwartet.
Der Indikator liegt damit weiter über der sogenannten Expansionsschwelle von 50 Punkten und signalisiert weiterhin Wachstum im gemeinsamen Währungsraum.
Etwas schlechter fiel zum Jahresende 2016 die Stimmung der Dienstleister aus, während sie sich in der Industrie spürbar aufhellte. Positiv überraschten die Umfragewerte aus Frankreich, die sich gegenüber dem Vormonat deutlich verbesserten. In Deutschland trübte sich dagegen die Stimmung im Dienstleistungssektor ein, aber nicht so stark wie nach der ersten Schätzung gemeldet. (awp/mc/ps)