Evonik will Börsengang bis Mitte 2012

Klaus Engel

Evonik_CEO Klaus Engel.

Essen – Der erste Anlauf für einen Börsengang fiel der Wirtschaftskrise zum Opfer, jetzt startet der Essener Chemiekonzern Evonik einen neuen Versuch: Bis Mitte nächsten Jahres will der Konzern mit rund 31.000 Mitarbeitern an die Börse, wie Vorstandschef Klaus Engel am Mittwoch ankündigte.

Evonik würde mit geschätzten zehn Milliarden Euro Börsenwert ein neues Schwergewicht und Kandidat für den Dax.

Gratwanderung
Doch davor liegt eine Gratwanderung, die der Riese Evonik nur mit vorsichtigen Schritten schaffen kann. Denn das Management muss einerseits die Investoren überzeugen, die kühl den Ertrag des eingesetzten Kapitals bilanzieren. Und zugleich gelten für das Unternehmen wegen seiner Herkunft aus dem Ruhrkohlekonzern RAG weiter besondere Regeln. Der Evonik-Haupteigentümer RAG-Stiftung muss aus den Erlösen laut Gesetz die Dauerlasten der Steinkohle finanzieren. Die Stiftung wird auch auf jeden Fall eine Sperrminorität behalten. Ob Evonik den Sprung wagt, entscheidet letztlich das Stiftungskuratorium mit Vertretern der Bundes- und Landespolitik und der Gewerkschaft IG BCE.

Doppelstrategie
Deshalb hat Engel in den vergangenen Monaten eine Doppelstrategie verfolgt: Für die Anleger hat er den Konzern konsequent auf sein Kerngeschäft Chemie konzentriert. Die Börse mag klare Geschäftsmodelle. Die lukrative Kraftwerkstochter Steag wurde zu Jahresbeginn verkauft. Den Zuschlag bekam aber nicht etwa ein tschechischer Konzern, der ein hohes Angebot abgegeben haben soll, sondern ein Konsortium von NRW-Stadtwerken. Der Preis der Stadtwerke war gut, aber sie profitierten auch vom politischen Rückenwind.

Mittelweg

Kompromissbereitschaft zeigt Engel auch bei der Evonik-Immobilientochter: Sie verwaltet rund 60.000 Wohnungen, viele davon alte Zechenwohnungen. Der Finanzinvestor CVC, der gut 25 Prozent an Evonik hält, soll energisch den Verkauf vor einem Börsengang gefordert haben. Doch das hätte den Konsens mit der Kohle-Gewerkschaft zerstört. Engel geht den Mittelweg: Er nimmt die Immobilien mit an die Börse und sucht dann ab 2013 einen langfristig orientierten Partner. «Börsengang gleich zugenagelte Balkone – das gibt’s bei uns nicht», sagte er am Mittwoch.

Gewinn verdreifacht
Evonik hat hervorragende Zahlen vorgelegt, der Gewinn verdreifachte sich. Für das laufende Jahr rechnet Engel trotz Eurokrise und arabischen Revolutionen mit ähnlichen Ergebnissen. Der Kapitalmarkt vertraut dem Unternehmen anscheinend: Für eine Anleihe und Kreditlinien in Milliardenhöhe gab es in den vergangenen zwei Jahren grosse Nachfrage bei den Banken. Viel spricht also dafür, dass der Börsengang klappt. Doch spätestens dann werden die Investoren auch kritische Fragen nach dem Einfluss der Politik im Konzern stellen. Politisch dominierte Unternehmen mag die Börse nämlich eigentlich gar nicht. (awp/mc/ps)

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