Ex-Siemens-Vorstand soll von Bestechung gewusst haben
Thomas Ganswindt, ehemaliger Siemens-Vorstand.
München – Schwere Vorwürfe im Siemens-Schmiergeldprozess: Nach Angaben eines Zeugen hat der ehemalige Siemens-Vorstand Thomas Ganswindt von den Bestechungen gewusst. Er habe den Manager Anfang 2004 darauf aufmerksam gemacht, dass jährlich Bestechungsgelder in zweistelliger Millionenhöhe nach Nigeria, Russland und in andere Staaten fliessen und um Mithilfe gebeten, diese Verstösse gegen geltendes Recht abzustellen.
Dies sagte der Zeuge Reinhard Siekaczek am Dienstag am Münchner Landgericht. Ganswindt habe bei dem kurzen Gespräch in seinem Büro versprochen, sich um die Angelegenheit zu kümmern. Siekaczek war bei der von Ganswindt geführten Telekommunikationssparte des Siemens-Konzerns einer der Hauptverantwortlichen für die Organisation von schwarzen Kassen. 2008 wurde er deshalb zu einer Strafe von zwei Jahren auf Bewährung und zur Zahlung von 108.000 Euro verurteilt. Sein ehemaliger Chef hat nach eigenen Angaben von der Bestechung nichts gewusst. Er bestreitet die Vorwürfe der Steuerhinterziehung und vorsätzlichen Verletzung der Aufsichtspflicht im Zusammenhang mit dem vor gut vier Jahren aufgedeckten Skandal.
System der schwarzen Kassen installiert
Die Schmiergeldzahlungen seien zunächst über zwei Konten in Österreich abgewickelt worden, sagte Siekaczek. Nach dem gesetzlichen Verbot der Bestechung sei 2001 und 2002 das System der schwarzen Kassen installiert worden: «Im Prinzip haben wir das Gleiche gemacht wie vorher, nur war der erste Empfänger des Geldes nicht mehr jemand von Siemens, sondern ein Treuhänder.» Allerdings sei dies aufgrund der Kontrollen immer schwieriger geworden. Deshalb habe er das Gespräch mit Ganswindt gesucht.
Rund 1,3 Milliarden Euro Schmiergelder bezahlt
Die Länder, in die das Geld floss, hätten für 30 Prozent des Umsatzes mit Netzbetreibern gestanden, sagte Siekaczek. «Das plötzlich abzubrechen, hätte den schnellen Ruin des Bereiches bedeutet.» Die Telekommunikationssparte war damals ohnehin in der Krise. «Wir haben es geschafft, die Zahlungen wesentlich zu reduzieren, aber ganz auszuschliessen war es damals nicht.» Insgesamt sollen bei Siemens über Jahre rund 1,3 Milliarden Euro an dubiosen Zahlungen zur Erlangung von Auslandsaufträgen geflossen sein. An diesem Donnerstag will die Verteidigung Siekaczek befragen. (awp/mc/ps)