Alessandro Miolo, Partner bei EY. (Foto: EY)
Zürich – Die Zahl der Börsengänge weltweit ist im ersten Quartal um 39 Prozent zurückgegangen, während das Emissionsvolumen sogar um 70 Prozent auf den niedrigsten Stand seit 2009 gesunken ist. Der europäische IPO-Markt wies sechs der zehn weltweit grössten Börsengänge auf. Den massivsten Rückgang mussten die USA hinnehmen. Die Schweizer Börse verzeichnete noch keine Neuzugänge, Kandidaten warten auf den richtigen Moment.
Die hohe Volatilität an den weltweiten Aktienmärkten hat im traditionell schwachen ersten Quartal zu einem deutlichen Einbruch auf dem Markt für IPOs (Initial Public Offerings, Börsengänge) geführt: Ihre Zahl sank gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 39 Prozent von 274 auf 167 Transaktionen, das Emissionsvolumen ging noch deutlich stärker – um 70 Prozent – von 39,9 auf 12,1 Milliarden US-Dollar zurück. Damit sank das weltweite Emissionsvolumen auf den niedrigsten Stand seit dem zweiten Quartal 2009.
Am stärksten betroffen war der US-amerikanische Markt, wo nur noch zehn Börsengänge gezählt wurden – nach 35 im Vorjahreszeitraum 2015 und 71 im ersten Quartal 2014. Dabei erlösten die Neulinge an den US-Börsen gerade einmal 750 Millionen US-Dollar (Q1 2015: 6,15 Milliarden US-Dollar). Aber auch in den beiden anderen wichtigen Märkten Europa und China waren die IPO-Aktivitäten stark rückläufig: In Europa hat sich die Zahl der Börsengänge von 67 auf 34 etwa halbiert, in China (einschliesslich Hongkong) ging sie sogar um 61 Prozent zurück: von 97 auf 38.
Innerhalb Europas erwies sich vor allem der IPO-Standort Grossbritannien als einigermassen stabil: Nach 20 IPOs im Vorjahreszeitraum gingen in den ersten drei Monaten dieses Jahres immerhin 16 Unternehmen in Grossbritannien an die Börse. In der Schweiz hat im ersten Quartal kein Unternehmen den Sprung aufs Parkett geschafft.
«Nach einem starken vierten IPO-Quartal 2015 wurden die Märkte gebremst. Ursachen dafür sind einerseits die Aktienmärkte, die zu Jahresbeginn stark an Boden verloren haben, der Sinkflug des Ölpreises aber auch anhaltende geopolitische Unsicherheiten und Konjunktursorgen», sagt Alessandro Miolo, Partner bei EY. «Viele Börsenaspiranten habe ihre IPOs verschoben oder gar abgesagt. Die Pipeline bleibt dennoch gut gefüllt, die Unternehmen warten aber ab, bis sich ein besseres Umfeld ergibt.»
Miolo rechnet für die kommenden Monate mit einer positiven Trendwende: «Die konjunkturellen Rahmenbedingen sind grundsätzlich gut, sowohl in Europa wie auch in den USA. Die Niedrigzinspolitik der Notenbanken stützt den weltweiten IPO-Markt zusammen mit den relativ hohen Bewertungsniveaus und der hohen Liquidität im Markt. Anlagemöglichkeiten in dem von negativen Realzinsen geprägten Umfeld sind rar und Investoren sind sehr interessiert daran, spannende Investitionsmöglichkeiten wahrzunehmen. Sollten sich die Aktienmärkte nun weiter beruhigen, stehen die Chancen gut, dass sich auch wieder mehr IPO-Kandidaten aus der Deckung wagen.»
Mit dem Rückgang der Volatilität und auf Basis der Ergebnisse und Ausblicke aus der laufenden Berichtssaison, dürften die Aktivitäten im zweiten Quartal daher wieder zunehmen, erwartet Miolo – zumal die jüngsten Kursgewinne an den Aktienmärkten und der aktuelle Aufwärtstrend beim Ölpreis die Rahmenbedingungen wieder spürbar verbessert hätten.
Der grösste Börsengang im ersten Quartal war der IPO der China Zheshang Bank, die in Hongkong an die Börse ging und dabei 2 Milliarden US-Dollar erlöste. Alle übrigen Börsengänge brachten deutlich weniger als eine Milliarde US-Dollar ein: Die zweitgrösste Transaktion im ersten Quartal war der Börsengang des japanischen REIT LaSalle Logiport (871 Millionen US-Dollar), gefolgt vom IPO der britischen Metro Bank, der 613 Millionen US-Dollar einbrachte. Von den zehn grössten Börsengängen weltweit fanden immerhin sechs in Europa statt.
Börsenkandidaten müssen weiter mit hoher Volatilität rechnen
Für den Schweizer Markt bleibt Miolo trotz des weltweit schwachen Jahresauftakts vorsichtig optimistisch. «Im vergangenen Jahr erlebten wir mit dem Börsengang von Sunrise im ersten Quartal ein aufgrund des hohen Emissionsvolumens aussergewöhnliches Ereignis. Mit 2,65 Milliarden US-Dollar aus zwei Börsengängen war das Jahr 2015 sehr erfolgreich. Eine Entwicklung auf gleichem Niveau erwarte ich für dieses Jahr nicht. Eine Handvoll interessanter IPO-Kandidaten aus verschiedenen Branchen steht aber in den Startlöchern, teilweise haben diese ihr Vorhaben auch schon öffentlich gemacht.»
Allerdings mahnt Miolo: «Die IPO-Fenster waren in den vergangenen Jahren immer nur kurz geöffnet, und das wird wohl auch in diesem Jahr so sein. Die Aktien- und Währungsmärkte sind hoch sensibel, die Konjunkturentwicklung fragil – IPO-Kandidaten müssen also bei einem günstigen Kapitalmarktumfeld in der Lage sein, ihre Chance sehr rasch zu nutzen.» Dabei werden Flexibilität im Timing und im Emissionskonzept, eine gute Vorbereitung und vor allem eine rechtzeitige sehr gezielte Investorenansprache immer wichtiger, betont Miolo. «Das Interesse an einem Börsengang ist nach wie vor gross und einige Schweizer Unternehmen warten nur noch den richtigen Zeitpunkt ab.» (EY/mc/ps)
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