EY: Pharmaunternehmen im Kaufrausch

EY: Pharmaunternehmen im Kaufrausch

Zürich – Ausnahmejahr für die Pharmabranche: Die Unternehmen haben ihren eigenen M&A-Rekord aus dem Vorjahr noch einmal deutlich übertroffen. Mit knapp 329 Milliarden US-Dollar gab die Branche so viel wie noch nie für Fusionen und Übernahmen aus. Das entspricht einer Steigerung um mehr als die Hälfte. Vor allem die klassischen Pharma-unternehmen haben gemäss der aktuellen Firepower-Studie von EY wieder mehr investiert. Beinahe die halbe Summe ist auf Pfizers Übernahme von Allergan zurückzuführen. Die Aktivität hinterlässt aber Spuren: Die Schulden steigen und die Übernahmekraft nimmt langsam ab. Trotzdem hält der Kaufrausch voraussichtlich an.

Die Mittel, die Unternehmen für Zukäufe mobilisieren können (die sogenannte Firepower), haben gemäss den Berechnungen des Beratungs- und Prüfungs­unternehmens EY im Vergleich zum Vorjahr leicht nachgelassen. Sie liegt derzeit bei knapp 1,18 Billionen US-Dollar und damit sechs Prozent unter der Firepower des Vorjahres. Sie ist nach wie vor beachtlich und ein Drittel höher als die Firepower der ersten Messung 2007.

«Die Pharmaunternehmen wollen ihr Portfolio bereinigen und sich fokussierter aufstellen. Gleichzeitig wollen und müssen sie weiter Innovationen auf den Markt bringen. Deshalb nutzen sie derzeit ihre Chancen auf dem M&A-Markt», kommentiert Jürg Zürcher, Life Sciences Leader bei EY Schweiz, die Zahlen. «Verschiedene Faktoren kommen in einer historisch einmaligen Situation zusammen: Kredite sind günstig, viele Unternehmen haben eigenes Kapital angehäuft und die Bereitschaft zum Tausch ganzer Unternehmensteile ist in der Branche so gross wie nie zuvor. Diese neue Normalität dürfte die M&A-Aktivität auch in den kommenden Jahren auf einem hohen Niveau halten.»

Mega-Deals bestimmten das M&A-Jahr 2015
Geprägt ist das hohe Niveau der Transaktionen in der Branche insbesondere durch einen Mega-Deal, die Übernahme von Allergan, die sich Pfizer 160 Milliarden US-Dollar kosten liess. Das ist nicht nur der grösste Deal in der Geschichte der Life-Sciences-Branche, sondern die drittgrösste Übernahme, die überhaupt jemals getätigt wurde. Solche Übernahmen hat es bisher noch nicht gegeben und sie werden sich auch in Zukunft nicht häufen. Das Transaktionsvolumen wird sich gemäss den Schätzungen von EY voraussichtlich bei rund 200 Milliarden US-Dollar einpendeln – bis 2013 war ein Gesamtvolumen von etwa 100 Milliarden US-Dollar normal.

«In Zukunft werden mehr kleinere Deals abgeschlossen. Unternehmen fokussieren sich und verstärken spezifische Unternehmensbereiche. Gleichzeitig drängen kleinere Unternehmen auf den Markt, die zwar nicht die Firepower der grossen erreichen, aber dennoch auf dem Übernahmemarkt aktiv werden», führt Zürcher aus.

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Mit dem Mega-Deal von Pfizer ist vor allem das M&A-Volumen unter den Big-Pharma-Unternehmen im vergangenen Jahr nach oben geschnellt: von knapp 87 Milliarden US-Dollar 2014 auf 209 Milliarden US-Dollar im Jahr 2015 – das ist fast so viel wie die gesamte Branche 2014 zusammen ausgab. Aber auch die Unternehmen aus den Bereichen Biotech und Generika gaben mehr für Transaktionen aus – wenn auch auf niedrigerem Niveau. Big Biotech steigerte die Ausgaben für Fusionen und Übernahmen um 355 Prozent auf über 21 Milliarden US-Dollar, die Generika-Unternehmen um 184 Prozent auf 49 Milliarden US-Dollar.

Lediglich bei den Spezialpharmaunternehmen ging das Volumen zurück – und zwar um mehr als die Hälfte auf 50 Milliarden US-Dollar. «Bei den Spezialpharmaunternehmen macht sich ein Sättigungseffekt bemerkbar. Sie hatten in den vergangenen Jahren relativ gesehen die grösste Firepower. Dadurch haben sie den M&A-Markt bestimmt und munter zugekauft. Irgendwann stösst man da an die Decke», sagt Zürcher.

Firepower von Spezialpharma um die Hälfte niedriger
Die grosse Einkaufswut der vergangenen Jahre macht sich aktuell auch in der Firepower von Spezialpharma bemerkbar. Sie brach im Vergleich zum Vorjahr um 47 Prozent auf 60 Milliarden US-Dollar ein. Auch die Firepower der Big-Pharma-Konzerne ging zurück, allerdings mit einem Minus von sechs Prozent auf 781 Milliarden US-Dollar nicht ganz so dramatisch. Lediglich die Big-Biotech-Unternehmen konnten einen Zuwachs von sechs Prozent auf 337 Milliarden US-Dollar verzeichnen.

«Bei den Big-Biotech-Unternehmen gab es in den vergangenen paar Jahren einen IPO-Boom», kommentiert Zürcher. «Die Unternehmen sind durch die Börsengänge in der Bewertung hochgegangen und können jetzt auch in Sachen Firepower eine ganz andere Rolle spielen als vorher.»

Sieben US-amerikanische Konzerne unter den Top-Käufern
Schweizer Konzerne tauchen unter den grössten Deals weder als Käufer noch als Übernahmeziel auf. Die beiden Schweizer Schwergewichte hatten im Vorjahr grössere Transaktionen durchgeführt. Dominiert wird die Liste von US-amerikanischen Unternehmen, die sieben der zehn Top-Deals durchführten – allen voran Pfizer, das auch noch für 16,8 Milliarden Euro Hospira zukaufte. Der israelische Konzern Teva Pharmaceutical Industries nimmt mit der 40,5 Milliarden US-Dollar schweren Übernahme der Allergan-Generikasparte den zweiten Platz ein. Auf den Plätzen neun und zehn landet der irische Biotechkonzern Shire, der für 6,6 Milliarden US-Dollar Dyax übernahm und ausserdem noch für 5,1 Milliarden US-Dollar NPS Pharmaceuticals. Die Kauflust von Shire hat sich anfangs 2016 mit der Ankündigung der Übernahme des Biotechunternehmens Baxalta für den Preis von 32 Milliarden US-Dollar fortgesetzt. (EY/mc)

Erläuterungen zur Studie
Der EY-Firepower-Index misst die Kapazität der Unternehmen zur Finanzierung von Transaktionen. Dazu werden flüssige Mittel, bestehende Schulden und Kredite sowie Schuldfähigkeit und Marktkapitalisierung berücksichtigt. Weitere Ausführungen zur Methodik können der Studie entnommen werden. Die Zahlen wurden in der Medienmitteilung per Jahresende aktualisiert.

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