Bei den Forschungsausgaben sind Roche und Novartis im globalen Markt zuvorderst dabei.
Zürich – Die 21 weltweit grössten Pharma- und Biotech-Unternehmen haben 2015 429 Milliarden Euro mit Therapien und Medikamenten umgesetzt; das sind 3,7 Prozent mehr als im Vorjahr. Auch die Profitabilität wächst gemäss einer aktuellen EY-Analyse weiter: Die durchschnittliche Marge steigt um einen Prozentpunkt auf 26 Prozent. Die beiden Schweizer Grosskonzerne legen zwar beim Umsatz und Ergebnis kräftig zu, dabei haben aber Währungseffekte eine zentrale Rolle gespielt. Bei den Forschungsausgaben sind Roche und Novartis zuvorderst dabei. Wirkstoffe gegen Krebs bleiben die wichtigsten Umsatzbringer und legten deutlich zu, Roche ist mit grossem Abstand Weltmarktführerin. Die Portfoliobereinigungen gehen auch im laufenden Jahr weiter: Big Pharma hat wenig andere Möglichkeiten, um mit dem Branchenwachstum mitzuhalten und der rasanten Entwicklung der grossen Biotech-Unternehmen Paroli zu bieten.
Die Pharma-Branche hat ihre Schwächephase überwunden und wächst kräftig: Die 21 weltweit grössten Pharma- und Biotech-Unternehmen haben 2015 ihren Umsatz und ihr operatives Ergebnis erneut deutlich gesteigert, wie eine umfassende Auswertung des Beratungsunternehmens EY zeigt. So kletterte der Pharmaumsatz der Firmen auch ohne Wechselkurseffekte um 3,7 Prozent (Vorjahr 4,2 Prozent) auf rekordhohe 429 Milliarden Euro. Im Jahr 2013 hatte die Branche noch stagniert. Gleichzeitig sind die Unternehmen noch profitabler geworden. Das operative Ergebnis (EBIT) stieg um deutliche 6,8 Prozent, womit sich auch die EBIT-Marge (Verhältnis Gesamtergebnis zum Gesamtumsatz) von 24,9 Prozent auf 26,0 Prozent verbesserte. Insgesamt nahmen die untersuchten Firmen im vergangenen Jahr über 147 Milliarden Euro mit Medikamenten und Therapien ein.
Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F&E) sind deutlich in die Höhe geschnellt und lassen weiteres Wachstum in der Zukunft erwarten. Sie betrugen 79,8 Milliarden Euro und stiegen damit auch ohne Wechselkurseffekte um 3,1 Prozent. Auch die Ausgaben für Fusionen und Übernahmen blieben 2015 auf hohem Niveau, die Konzerne gaben (ohne die geplatzte Übernahme von Allergan durch Pfizer) insgesamt 168 Milliarden US-Dollar für M&A-Aktivitäten aus. Das markiert den zweithöchsten Wert überhaupt nach 2014.
Branchenwachstum an allen Fronten
«Das vergangene Jahr stand bei den grössten Pharma- und Biotech-Konzernen ganz im Zeichen des Wachstums. Sowohl Umsätze, Gewinne als auch Investitionen gingen generell nach oben», kommentiert Jürg Zürcher, Life Sciences Leader bei EY Schweiz, die Zahlen. «Die Branche zeigt sich insgesamt deutlich im Aufwind. Allerdings ist das Wachstum ungleich verteilt. Zum einen treiben vor allem die Big Biotechs das Wachstum voran. Ihre innovativen Produkte und erfolgreichen Therapien wurden weltweit zugelassen und sorgen für nachhaltig sinkende Gesundheitskosten. Big Pharma hat sich dagegen vor allem auf die Bereinigung des eigenen Portfolios konzentriert. Dies ist auch weiterhin nötig, denn ihr Umsatzwachstum reicht nicht aus, um die Wachstumslücke zum globalen Medikamentenmarkt zu schliessen. Zum anderen ist ein Teil des Wachstums auf Währungseffekte zurückzuführen.»
Die grossen Big Biotech dominieren beim Umsatzwachstum: Gilead Sciences konnte auch ohne Wechselkurseffekte von 2013 bis 2015 um durchschnittlich 70,7 Prozent jährlich wachsen, Biogen um 24,6 Prozent und Novo Nordisk um 13,6 Prozent. Bayer folgt als erstes Big-Pharma-Unternehmen auf Platz vier mit einer mittleren jährlichen Wachstumsrate von 10,8 Prozent. Roche konnte ein leichtes Wachstum verbuchen, der Umsatz zu konstanten Wechselkursen schrumpfte hingegen bei Novartis genauso wie bei den Branchenriesen Pfizer und GlaxoSmithKline.
Basler Pharmaunternehmen bei Gewinn in Top Fünf
Beim erzielten Gewinn (EBIT) liegen die beiden Basler zwar in absoluten Zahlen auf dem dritten (Roche) beziehungsweise fünften Platz (Novartis), mussten aber ohne Einbezug von Währungseffekten einen EBIT-Rückgang verzeichnen. Roche büsste 7,3 Prozent ein, Novartis gar 9,1 Prozent. Die ganze Branche kommt für 2015 auf eine EBIT-Marge von 26,1 Prozent. Diese wurde von den Big-Biotech-Unternehmen befeuert, die allesamt Margen von über 40 Prozent erreichen. Roche kam klar über dem Schnitt (31,1 Prozent) und Novartis ebenso deutlich darunter zu liegen (20,0 Prozent). Beide verzeichneten einen Rückgang der EBIT-Marge.
«Obwohl andere Branchen von diesen Margen nur träumen können, müssen die Konzerne laufend an ihrer Profitabilität arbeiten. Daher konzentrieren sie sich stärker auf ihre Kernkompetenzen und investieren in Forschung und Entwicklung. Die Portfolios müssen aber noch weiter geschärft werden», sagt Zürcher. Gerade der US-amerikanische Biotech-Konzern Gilead Sciences führt derzeit vor, wie das geht: Gilead ist Marktführer bei Medikamenten zur Behandlung von HIV und Hepatitis C. Mit der Fokussierung auf diese Produktgruppen machte der Konzern 2015 einen Sprung von Platz neun auf Platz vier der umsatzstärksten Unternehmen.
Kein anderes Unternehmen erzielt seine Umsätze so umfassend mit Blockbuster-Medikamenten (über eine Milliarde US-Dollar Umsatz pro Jahr) wie Gilead. Der Anteil am Gesamtumsatz machte 92,2 Prozent aus. Einen ähnlich hohen Anteil erreichten auch die beiden anderen Big Biotechs Novo Nordisk (90,7 Prozent) und Amgen (88,0 Prozent). Insgesamt lag der Blockbuster-Anteil bei 60 Prozent und damit zwei Prozentpunkte über dem Wert des Jahres 2014.
Wirkstoffe gegen Krebs und Immunkrankheiten dominieren
Die Pharma-Konzerne haben vor allem die Umsätze in den wichtigsten Indikationen ausgebaut, bei den Medikamenten gegen Krebs und Immunkrankheiten. In diesem Segment generierten sie zusammen 115,8 Milliarden Euro (Vorjahr 94,1 Milliarden). Roche ist klarer Spitzenreiter bei den Krebsmedikamenten und macht einen Umsatz von 27,0 Milliarden Euro. Novartis folgt knapp hinter AbbVie mit einem Umsatz von 14,1 Milliarden auf dem dritten Platz. Die Branche hat auch wieder stärker auf Medikamente gegen Herz-Kreislauf- und Stoffwechselkrankheiten gesetzt, der Umsatz kletterte in diesem Bereich von 74,1 Milliarden auf 84,8 Milliarden Euro.
3‘770 Wirkstoffe in der Pipeline
Auch in den kommenden Jahren können die Konzerne dank neuer Produkte in der Pipeline auf weiteres Wachstum hoffen. Insgesamt befanden sich im vergangenen Jahr 3‘770 Wirkstoffe in den Pipelines der Firmen (+12 Prozent). Auch die Anzahl der Medikamente in den späteren Phasen ist wieder gestiegen, nachdem sie im Jahr zuvor eingebrochen war.
Für Jürg Zürcher ist die gewachsene Pipeline ein gutes Zeichen für die Branche: «Die Qualität der Medikamente in diesen späten Phasen ist sehr hoch. Dank neuer Methoden wie Biomarker oder Diagnostiktools lassen sich Projekte ohne Erfolgsaussichten heutzutage früher erkennen und stoppen. Die Unternehmen haben daher in den letzten beiden Jahren auch massiv mehr Wirkstoffe untersucht. Der Anstieg in den späten Phasen beweist, dass mit qualitativ hochwertigen Produkten gerechnet werden kann, die den Patienten einen echten Nutzen bringen.» (EY/mc/ps)
Erläuterungen zur Studie
Für die Studie wurden die Pharma- und Biotech-Bereiche der 21 weltweit umsatzstärksten kotierten Unternehmen des Sektors analysiert. Zusätzlich wurde das deutsche Familienunternehmen Boehringer Ingelheim in die Analyse aufgenommen, was eine Anpassung der Vorjahreszahlen zur Folge hatte. Branchenfremde Aktivitäten sind nicht in die Analyse eingeflossen. Quellen sind die Geschäftsberichte und Pressemitteilungen der Unternehmen sowie öffentlich zugängliche Dokumente der U.S. Securities and Exchange Commission (Börsenaufsicht). Die Angaben beziehen sich auf die Geschäftsjahre 2013, 2014 und 2015.
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