Los Angeles – Im festgefahrenen Streit zwischen Apple und der US-Regierung um das Entsperren eines iPhones zeichnet sich eine überraschende Wende ab. Der Bundespolizei FBI sei ein Weg vorgeschlagen worden, an die Daten im iPhone eines toten Attentäters auch ohne Hilfe von Apple zu kommen, erklärte die Regierungsseite am späten Montag. Deshalb wurde eine in dem Gerichtsverfahren in Kalifornien auf Dienstag angesetzte Anhörung auf Antrag der Behörden abgesagt.
Nach Angaben der Regierung wurde das Verfahren an diesem Sonntag dem FBI demonstriert. Es werde es aber einige Zeit dauern, um zu prüfen, ob es bei dem vorliegenden iPhone ohne die Gefahr eines Datenverlusts angewendet werden könne. Sollte es klappen, werde die Hilfe von Apple nicht mehr benötigt. Die Regierungsseite soll das Gericht bis zum 5. April über die Entwicklung informieren. Es blieb unklar, welche «aussenstehende Partei» die Methode vorgeschlagen habe und wie das Verfahren aussieht.
Apple wurde Mitte Februar von der Richterin in dem Verfahren angewiesen, dem FBI beim Entsperren eines iPhones 5C zu helfen, das von dem Attentäter von San Bernardino genutzt worden war. Er und seine Frau hatten 14 Menschen in der kalifornischen Stadt getötet. Das Paar, das die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) unterstützt haben soll, starb in einer Schiesserei mit der Polizei.
Automatische Löschfunktion aushebeln
Die Behörden wollen vor allem, dass Apple per Software-Eingriff die Funktion aushebelt, die den Inhalt eines Telefons löscht, wenn zehn Mal ein falsches Passwort eingegeben wird. Ausserdem soll die software es zulassen, dass Passwörter nicht über die Tastatur, sondern elektronisch über eine Schnittstelle eingegeben werden können. Dann könnten die Ermittler unbeschränkt verschiedene Kombinationen durchprobieren, bis sie auf das korrekte Passwort stossen.
Apple wehrt sich dagegen und argumentiert, ein solches Programm überhaupt zu schreiben, würde die Sicherheit für alle Nutzer schwächen.
IT-Sicherheitsexperten hatten zuvor erklärt, der Abhördienst NSA könnte technisch in der Lage sein, das iPhone zu knacken. Sie gingen aber davon aus, dass die Geheimdienstler dies nicht in einem Gerichtsverfahren öffentlich machen wollten. In den vergangenen Wochen hatte auch Antiviren-Pionier John McAfee seine Hilfe angeboten – aber das dürfte nur ein PR-Gag gewesen sein. Unklar blieb, ob die Behörden bei einem Erfolg Informationen zur Vorgehensweise bei der Entsperrung preisgeben müssen.
Auch wenn sich der Streit in Kalifornien entspannen sollte, wird die Debatte um Verschlüsselung bei elektronischen Geräten weiterköcheln. Zum Beispiel in New York läuft ein ähnlicher Fall, in dem sich der Richter allerdings auf die Seite von Apple stellte. Den Ermittlern ist das Niveau der Verschlüsselung, bei dem die Tech-Unternehmen selber nicht an die Daten von Nutzern herankommen und sie damit auch nicht ohne weiteres herausrücken können, schon lange ein Dorn im Auge. Allein in New York könnten die Ermittler mehr als 100 iPhones nicht entsperren, hiess es. (awp/mc/upd/ps)