Wolfsburg – Er prägte Deutschlands grössten Autokonzern Volkswagen über Jahrzehnte: Der frühere VW-Vorstands- und Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch ist tot.
Die Witwe Piëchs, Ursula Piëch, bestätigte den Tod ihres Ehemannes. Ihr Mann sei am Sonntag «plötzlich und unerwartet verstorben», hiess es in einer Mitteilung Ursula Piëchs, die der Deutschen Presse-Agentur am Montagabend vom Anwalt der Familie, Christian Schertz, zugeschickt wurde.
Ursula Piëch schrieb: «Das Leben von Ferdinand Piëch war geprägt von seiner Leidenschaft für das Automobil und für die Arbeitnehmer.» Er sei bis zuletzt ein begeisterter Ingenieur und Autoliebhaber gewesen. Die Beisetzung finde im engsten Familienkreis statt, hiess es weiter. Piëch hinterlasse eine grosse Familie mit dreizehn Kindern und über doppelt so vielen Enkelkindern.
VW-Gesamtbetriebsratschef Bernd Osterloh würdigte Piëch als «grossen Manager und Ingenieur». «Volkswagen stünde ohne Ferdinand Piëch nicht da, wo wir jetzt stehen. Dafür schulden wir ihm unseren Dank und unsere Anerkennung», teilte Osterloh am Dienstag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. Piëch habe «mit seiner Liebe zum Produkt, seiner strategischen Weitsicht und seinem feinen Gespür für die Weiterentwicklung unserer Marken (…) die Erfolgsgeschichte unseres Konzerns entscheidend geprägt.»
Mächtiger Strippenzieher und Königsmacher
Der in Wien geborene Piëch stand viele Jahre mitten im Machtzentrum des VW-Konzerns. Der frühere Audi-Chef war von 1993 bis 2002 Vorstandsvorsitzender von Volkswagen und führte danach lange Zeit den Aufsichtsrat – als massgeblicher Protagonist der Familien Porsche und Piëch, der VW-Grossaktionäre. Seine Macht schien zeitweilig unbegrenzt, 2012 hievte er sogar seine Frau Ursula in den VW-Aufsichtsrat. Piëch galt als mächtiger Strippenzieher und Königsmacher hinter den Kulissen.
Der detailverliebte Autonarr lenkte das immer grösser werdende VW-Imperium schliesslich zusammen mit dem damaligen Konzernchef Martin Winterkorn mit strenger Hand, ehe er sich von seinem Lebenswerk entfremdete. Im Jahr 2015 sorgte er mit der Äusserung für Aufsehen, er sei «auf Distanz» zum damaligen Vorstandschef Martin Winterkorn – er verlor schliesslich den Machtkampf und warf im Zorn hin.
Winterkorn, ein enger Vertrauter Piëchs, aber musste 2015 zurücktreten, im Zusammenhang mit dem Bekanntwerden des Diesel-Skandals. Nachfolger wurde Matthias Müller.
Der Diesel-Skandal um manipulierte Fahrzeuge kostete VW Milliarden. 2018 wurde Müller als Konzernchef von VW-Markenchef Herbert Diess abgelöst. Diess kündigte in der Folge einen grundlegenden Umbau des Konzerns an – hin zu Elektroautos. Grund dafür sind auch schärfere Klimavorgaben der EU.
Ostern 2017 wurde Piëch 80 Jahre alt. Zum Geburtstag würdigte VW die Verdienste des Auto-Managers: «Ferdinand Piëch hat das Automobil, unsere Industrie und den Volkswagen-Konzern in den vergangenen fünf Jahrzehnten massgeblich geprägt», sagte ein VW-Sprecher. «Sein Lebenswerk ist gekennzeichnet von mutigem Unternehmertum und technologischer Innovationskraft.» Dabei hatte Piëch zuvor an Verwandte sein milliardenschweres Aktienpaket an der VW-Dachholding Porsche SE verkauft. (awp/mc/ps)